„Sag mal Papa, was ist eigentlich Dschenda?“
Es gab Quarkkäulchen zum Frühstück. Meine Mutter hatte an
diesem Tag Spätdienst und wie es so ihre Art war, die Gelegenheit genutzt um
meinem Vater, der seines Zeichens ein ausgewiesener Langschläfer war, sein
ansonsten angestammtes Revier streitig zu machen und unseren morgendlichen
Start in den Tag mit einem frisch gebratenem Extra zu verfeinern.
Nicht umsonst war sie es auch, die Gebetsmühlenartig immer
wiederholte, dass man seine Mahlzeiten nach der Devise „Kaiser – König –
Bettelmann“ planen sollte und folgedessen das Kantinenessen in jeder Schule
unter aller Sau war, ist und so bleiben würde.
Mein Vater nahm diese kleine Revolution am Morgen
wohlwollend hin, war es doch nicht das erste Mal, dass unsere Mutter uns mit
einer jener kleinen Köstlichkeiten verwöhnte, die sie selber als Kind so gerne
genoss. Wäre es nach ihr gegangen, so hätten wir uns nur von solchen
Herrlichkeiten ernährt, gemischt mit Nudeln und Tomatensoße.
Es war unser Vater, der darauf bestand, dass wir auch mal
Fleisch auf den Tisch bekamen oder ein anderes Gemüse außer Kartoffeln und
Tomate. Durch ihn lernten wir auch andere Sorten von Milchprodukten als „Halt
so ein Schnittkäse“ kennen.
Abgebrüht und geprüft schaute mir nun ebenjener über seine
zweite Tasse mit dem braunen Gesöff entgegen, welches über dieselben
Eigenschaften verfügte und nach meiner persönlichen Meinung vollkommen
grässlich roch und schmeckte, ganz egal wie viel Zucker oder Milch man da rein
kippte.
Da es seine zweite Tasse war, durfte man ihn nun ansprechen,
davor war er übellauniger als mein kleiner Bruder.
Auf der Tasse prangte ein blau – gelb – rotes Symbol, von
dem er immer wieder behauptete, dass es für Hoffnung stand. Ich dagegen war der
Meinung, dass es Sich um zwei Fische handelte, die auf einander zu oder
aneinander vorbei schwammen.
Wenn wir uns beide in unserem Schalk darüber stritten, warf
meine große Schwester gerne ein, dass wir uns doch nicht über so einen blöden
Buchstaben streiten sollten.
„Wo hast du denn den Begriff gehört?“ fragte mein Vater mit
hochgezogenen Augenbrauen.
Vollkommen verblüfft fragte ich mich innerlich woher mein
Vater denn nur wissen konnte, dass ich diesen Begriff gehört und nicht etwa
gelesen hatte.
Dass ich den Begriff dann wahrscheinlich Gender, mit harten
G, ausgesprochen hätte, kam mir gar nicht in den Sinn. Für mich handelte es
sich hier um einen klaren Fall des omnipräsenten väterlichen Allwissens.
„Na von Onkel Maxe, als der sich mit der Tante Tanja unterhalten
hat, als die mich vom Training abgeholt haben.“
„Der steht im Stall und du daneben!“ plärrte mein kleiner
Bruder enthusiastisch dazwischen, während er gleichzeitig versuchte ein mit
Nutella bestrichenes Quarkkäulchen zu verspeisen.
„Der geht weg und du bleibst…“
„Danke reicht!“ unterbrach ihn meine ältere Schwester, die
nach unserem Vater schlug was ihre Morgenstimmung anging, aber noch keinen
Kaffee trank.
„Na dann kannst du ja Onkel Maxe fragen, wenn du ihn das
nächste Mal siehst.“
Onkel Maxe war der Bruder meines Vaters und holte mich vom
Training ab, wenn meine Eltern oder meine Schwester keine Zeit dafür hatten.
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