Donnerstag, 10. Dezember 2015

Können, Wollen, Dürfen, Brauchen


Du darfst dir ein Jahr nichts gönnen und dann kannst du Held spielen und durchstarten.
Paul Rudd

Wenn ich will kann ich jeden Moment Alkohol trinken.
Ein Späti ist ein Steinwurf entfernt und gefühlte zwei Meter ist der Bahnhof bei dem es geschätzt drei andere Möglichkeiten gibt sich Stoff zu holen. Zusätzlich gibt es noch einen Döner, einen anderen Späti und eine Videothek in der Nähe. Nicht zu vergessen ist die Tanke.
Theoretisch könnte ich jetzt mit einem Einkaufskorb los laufen und ganz entspannt die Preise vergleichen um mir dann die billigste Kombination aus allen sieben Geschäften zusammensuchen.
Wenn ich clever bin suche ich mir einen Supermarkt wie Kaufland oder Kaisers, die jeweils bis 22 oder 24 Uhr offen haben und decke mich da entsprechend ein. Verglichen mit Tanke, Döner, Spätkauf ist das bestimmt die billigste Variante.
Ich darf auch jederzeit Alkohol trinken wenn ich will.
Ich bin nicht nur über 16, sondern auch über 18 und seien wir doch mal ehrlich, den ersten Alkohol trinken die meisten spätestens mit 14 bei der Jugendweihe. Da war ich selber keine Ausnahme, in der Überzeugung, dass so etwas mit dazu gehört habe ich dort anstandshalber eine kleine Flasche Feigling getrunken und fand den Geschmack widerlich.
Am nächsten morgen überschlugen sich meine Klassenkameraden mit ihren Geschichten wie sehr alle getrunken und gekotzt hatten. Das war in Berlin – Marzahn nach der Wende in den neunziger Jahren. Noch Fragen?
Was mir damals befremdlich erschien, entpuppt sich im Rückblick als Märchen von kleinen Jungs, die große Männer sein wollten.
Ich konnte damit genauso wenig anfangen wie mit dem sogenannten Männertag bzw. mit dem Brauchtum sich genau an diesem Tag bis zum Gehtnichtmehr die Kannte zu geben.
Ich bin hier in Deutschland und nicht nur das, ich bin in Ostdeutschland und nicht nur das, ich bin hier in Berlin, genauer gesagt Ost – Berlin.
Wenn ich den Statistiken glauben kann, und sie sprechen eine deutliche Sprache, dann bin ich an dem Ort, wo statistisch am meisten gesoffen wird. Die Ostdeutschen haben da selbst die Russen abgehängt. Suck on that Wladimir!
Hier kann ich mich immer und überall besaufen, wenn ich denn nur will.
Scheiß doch auf die Kartoffel , Schnaps und Bier zu Wurst und Krautsalat sind die Eckpfeiler der deutschen Küche.
Bier ist doch flüssig Brot und war damals auch gesünder als Wasser.
Wir leben hier im Land vom Reinheitsgebot. Wir sind das erste Land auf der Welt das ein Gesetz für Bier erlassen hat und das sagt unterm Strich eine Menge über uns aus.
Was uns das Bier ist den Franzosen der Wein, den Briten das Ale und den Russen der Wodka.
Alkohol ist ein Kulturgut.
Am Suff sollst du sie erkennen.
Was mich zu der Frage bringt: Soll ich Alkohol trinken? Muss ich?
Gibt es in unserem gesellschaftlichen Grundcode eine versteckte Erwartung an erwachsenen Männer sich zu besaufen?
Ich beantworte diese Frage für mich mit einem definitiven Jein.
Mit Sicherheit ist die Tradition bezüglich saufen stärker verankert als in afrikanischen, asiatischen oder arabischen Kulturen und ich kann jedem pubertierenden Teenie nur empfehlen voll krass vegetarischer Antialkoholiker zu werden um gegen die Traditionen der eigenen Eltern zu rebellieren. Das geht tiefer als freie Liebe. Straight Edge anstatt Punk und Nazi.
Interessant ist auch, dass man erst vom Onkel Doktor erfährt, dass Alkohol ein Nerven und Zellengift ist und nicht etwa vom Herrn Lehrer. Klarer Fall von Bildungslücke.
Man kann sich einbilden, dass die Gesellschaft einen zu irgendetwas zwingt.
Damit schiebt man die Verantwortung bequem ab und erwartet, dass andere die eigenen Probleme lösen und da ist es praktisch, dass die Gesellschaft ein großes, schwammiges Ding ist, dass man nicht greifen kann, ebenso wie mögliche Probleme im Kopf.
Wenn mich die Datensammelwut von Fratzbuch nervt, dann gehe ich da nicht on.
Wem Handys zu stressig sind, der schafft sich halt keins an.
Ohne Führerschein lebt sich's auch nicht schlecht.
Wer entdeckt oder erkennt, dass Alkohol eine schädliche Wirkung auf einen hat, sollte sich fragen ob er den Stoff braucht.

Diese Frage ist durch und durch selbstbezogen, realistisch und so wie ich das mitbekommen habe, vollkommen angebracht.

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