Dienstag, 15. Dezember 2015

Die Sache mit dem Dschenda III

„Da hast du dich das letzte Mal mit der Tante Tanja drüber unterhalten.“
Wieder zeigte sich eine verwunderte Falte auf seiner Stirn, die sich jedoch gleich wieder glättete.
„Ach so!“ rief er aus um darauf gleich die Augen zu verdrehen und ein „Ach du Sch… schöne Neune“ hinterher zu schieben.
Dann schaute er mit seinen Augen kurz, über seine linke Schulter, so als ob er einem kleinen Engel oder Teufel zuhören würde. Vielleicht hörte er auch seinen Bruder lachen, dass er jetzt doch die Suppe auszulöffeln hatte, die er sich selber eingebrockt hatte.
„Ich versuche dann mal mein bestes,“ meinte er dann wieder zu mir und setzte sich in Bewegung um zur nächsten Bahn – Station zu gelangen und ich folgte ihm auf dem Fuße.
„Aaalso….“ begann er gedehnt, als er seine Gedanken sammelte „erst einmal heißt es Gender, genauso wie in Geronimo oder Avengers. Es ist ein Fremdwort aus dem Englischen, das jetzt hier bei uns auch öfter verwendet wird.
Genaugenommen gibt es zwei Sorten von diesem Gender. Das eine heißt Gender Mainstreaming und ist einfach nur Fachsprech für Gleichberechtigung. Keine Ahnung warum man hier das Wort so oft benutzt, da wollen sich ein paar Klugscheißer wichtigmachen. Besserwisser wollte ich sagen.“
Mein Onkel Maxe liebte es die Silbe –sprech an alles Mögliche heran zu setzen, so gab es neben dem Fachsprech, das Verkaufssprech, Politikersprech, Sportsprech, Gärtnersprech, Lehrersprech, Altsprech und Neusprech, Autosprech, Säufersprech und natürlich das Frauensprech.
„Bei dem anderen Gender handelt es sich um die Gender – Studies, das ist eine Spartenwissenschaft aus der Soziologie. Weißt du denn was eine Spartenwissenschaft ist.“
Er machte eine Pause um meine Antwort abzuwarten, dabei schaufelte er mit seinen riesigen schwarzen Schuhen das Laub aus seinem Weg.
Ab und zu ließ er die schon herbstlich verfärbten Blätter empor wirbeln, um sie dabei zu betrachten, wie sie in neue Muster auf dem Weg fielen.
„Nein.“, antwortete ich wahrheitsgemäß. Gedanklich war ich noch bei den Avengers und stellte mir gerade die frage, Bruce Banner den Hammer von Thor heben könnte, wenn er sich in den Hulk verwandeln würde. Ich war froh ungefähr zu wissen was eine Wissenschaft war. Laut meinem Opa Erwin war das etwas, wo man herausfand wie man etwas am besten auseinandernahm oder in die Luft fliegen ließ.
„Das ist so wie bei einem Auto. Aus was besteht denn so ein Auto?“
Dankbar nahm ich die Anregung auf mir etwas vorzustellen, von dem ich wusste, woraus es bestand.
„Naja, Räder, Dach, Lenker, Klimaanlage, Motor, Navi, Sitze, Bremsen, Spiegel.“
Onkel Maxe nickte langsam und gemächlich und sah dabei seinem Vater unglaublich ähnlich, wenn bloß der Bart nicht gewesen wäre.

Als einziger in seiner Familie hatte er sich dazu entschlossen, dass was er selber als die Gesichtsschambehaarung nannte zu hegen und zu pflegen. Meinem Opa Steffen war das ein deutlicher Dorn im Auge, achtete er doch stets darauf glatt rasiert zu sein und kleidete sich immer do, als würde er jeden Moment zu einem Opernball ausgehen. Seine Art sich zu kleiden stand jedoch in einem merklichen Gegensatz zu seiner Ausdrucksweise, welche selbst den härtesten Seemann erröten lassen würde.

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