Dienstag, 28. Juni 2011

Launing Kapitel 4/4

„Lass dich nicht fertig machen. Du musst immer davon ausgehen, dass es überall eine zehn Prozent Arschlochquote gibt. Das gilt für die Leute, die bei uns mit in der Klasse sitzen und auch für die Lehrer. Und einige Lehrer sind manchmal echt arrogante Fachidioten. Wenn du in einer Klausur nicht das hinschreibst, was die für richtig halten, dann hast du nicht die geringste Chance über eine drei zu kommen.“

Dienstag, 21. Juni 2011

Launing Kapitel 4/3

Urplötzlich stieg ihr der Geruch ihres eigenen Schweißes in die Nase, gemischt mit dem ihres Regelblutes. Ruckartig drehte sie sich an der Schwelle ihrer Zimmers wieder um und begab sich zügig in das Bad. Ohne wirklich auf Ordnung zu achten warf sie ihre Sachen in die nächste Ecke und entledigte sich des Tampons, der schon fast vollgesogen war. Entgegen ihrer Neigung stellte sie das Wasser auf warm und ließ sich berieseln.
Der fehlende Schlaf und die auslaugenden Erlebnisse der letzten beiden Tage ließen sie wie in Trance die Wasserstrahlen betrachten die auf ihre Hände und Schultern fielen und von da herunter perlten.

Mittwoch, 15. Juni 2011

die stimme

 
Es geschah alles an einem dieser typischen Abende. Man sitzt in seinem Zimmer, starrt an die Wand, steht auf, um sinnlos auf und ab zu gehen. Der Blick auf die Uhr, als würde man auf etwas warten. Tatsächlich könnte es so sein. Die Unruhe quält einen, und man wartet, wartet auf etwas, von dem man selbst nicht weiß, was es ist. Warten auf eine Person? Auf ein Ereignis? Auf die Situation, die das ungute Gefühl im Körper erklärt oder vielleicht sogar verschwinden lässt? Man schaltet sich etwas Musik ein, um sich abzulenken, bemerkt aber schnell, dass diese nur den Soundtrack zur Situation liefert. Unfähig, die Musik wieder auszustellen gerät man nun immer tiefer in den Strudel der Unausgeglichenheit. So würde, wie es aussah, auch mein Abend enden. Ich öffnete das Fenster, atmete die angenehm klare Abendluft und sah zum Nachthimmel hinauf. Etwas traurig musste ich an den Sternenhimmel über meinem Heimatdorf denken. Ich bedauerte, dass hier in der Stadt niemals richtig die Sterne zu sehen waren. Der Himmel ist in der Nacht stets erleuchtet. Ein orangefarbener Nebel, verursacht durch jede Straßenlaterne, verhindert die absolut ungetrübte Sicht hinauf ins All. Ich schloss das Fenster wieder, zog die Vorhänge zu und blieb in Gedanken an einen schöneren Sternenhimmel noch einige Zeit ruhig stehen. Plötzlich riss mich das Klingeln des Telefons aus meinen Träumereien. Ich wartete etwas, ließ es noch 4 Mal klingeln, bevor ich mich entschloss, abzuheben. War es dieser Anruf, auf den ich wartete? Ich meldete mich wie üblich mit einem schlichten ‑Hallo! , um Fremden nicht zu viel über mich preiszugeben. Am anderen Ende der Leitung antwortete eine sanfte, mir unbekannte Frauenstimme mit einem ebenfalls schlichten ‑Hallo! . Ich fragte, was ich für sie tun könne, doch sie schwieg. Ich wiederholte die Frage. Die Stimme im Telefon machte keinerlei Anstalten zu antworten. Sie war jedoch noch in der Leitung, das konnte ich am Atemgeräusch erkennen. Verwundert legte ich auf. Sie musste sich wohl verwählt haben! Meine Gedanken wollten zurück zum Sternenhimmel, da unterbrach der Ruf des Telefons alle Ansätze. Wieder ließ ich es 4 Mal klingeln. Dann hob ich ab. Diesmal schwieg ich, genau wie meine unbekannte Anruferin. ‑Was wollen Sie? fragte ich irgendwann etwas genervt. ‑Bleib bei mir! Die Stimme ließ sich ganz klar als die, einer jungen Frau identifizieren. ‑Leg bitte nicht wieder auf! , wimmerte sie halb flüsternd. ‑Ich will nicht alleine sterben! Ich erschrak, doch aus mir noch heute nicht nachvollziehbaren Gründen legte ich nicht auf. ‑Was haben sie? , fragte ich. Ihre Antwort ließ mich vor Schreck erstarren. ‑Ich sehe dem Blut zu, wie es sich mit dem Wasser vermischt. ‑Wo befinden sie sich? Ich werde jemanden rufen, der Ihnen hilft. ‑Nein! , beruhigte mich die Stimme. ‑Lass nur! Ich will keine Hilfe. Ich möchte nur nicht alleine gehen. Ich will, dass sich wenigstens einer an mich erinnert, wenn ich fort bin. ‑Bitte sagen Sie mir& ‑Nenn mich Lisa! , unterbrach sie. Ihr Tonfall offenbarte eine eigenartige Zufriedenheit. ‑Sag mir wo Du bist, Lisa! Sie seufzte. ‑Dafür wäre es zu spät! Steh mir bei, statt mich aufhalten zu wollen. Ich bitte Dich! Völlig hilflos kam ich mir vor. Was sollte ich tun? Wie konnte ich ihr helfen? Eines war leider klar. Sollte sie sich etwas angetan haben, würde kein Krankenwagen oder Notarzt rechtzeitig bei ihr sein. ‑Gut, wie kann ich Dir dann helfen? ‑Es ist schön, zu wissen, dass alles bald vorbei ist. Aber ich fürchte mich ein Bisschen vor dem Tod. Sag, glaubst Du, dass danach etwas Besseres kommt? Darüber hatte ich mir nie richtig Gedanken gemacht. Es war mir immer gelungen, dieses Thema zu meiden. Trotzdem antwortete ich: ‑Ja, ganz sicher! Lisa lachte erleichtert. Ich hörte, wie ihr Atmen allmählich schwächer wurde. ‑Erzähl von Dir! , hauchte sie. ‑Hast Du Kinder? Ich wollte immer Kinder haben. ‑Ja, eine Tochter. Sie ist jetzt 9. Ich musste daran denken, wie die kleine ruhig schlafend in ihrem Zimmer lag. Sie bemerkte nichts von diesem Telefonat, und sollte auch nie etwas davon erfahren. Im warmen Bett eingekuschelt träumte sie sicher von irgendwelchen Tieren, um die sie sich liebevoll kümmerte. ‑Sie möchte mal Tierärztin werden. , fügte ich noch hinzu. Lisas Stimme wurde nun unheimlich kraftlos. Es schien, als konnte man spüren, wie das Leben langsam ihren Körper verließ. ‑Das ist schön&das ist&Hilf ihr, & ihre Träume wahr zu machen! Sie darf ihren Traum nicht verlieren! & niemals aufgeben! & den Traum&. Plötzlich war alles still. Ein platschendes Geräusch hatte sie unterbrochen. Ich vermute, das Telefon fiel ihr aus der Hand. War es vorbei? War sie schon tot? Darauf sollte es nie eine Antwort geben. Möglicherweise verließ sie nur ihre Kraft. Sicher ist aber, dass sie in dem Fall auch nur wenige Minuten später eingeschlafen und dem Leben entronnen wäre. Nun zerschnitt die automatische Telefonansagestimme die Stille. ‑Ihre Verbindung wurde unterbrochen& Ich sackte zusammen, und begann erst da zu realisieren und zu verarbeiten. Als ich wirklich begriff, brach ich in Tränen aus. Den Rest der Nacht saß ich zusammengekauert an der Heizung und weinte. Vielleicht hätte ich mich ja für Lisa freuen sollen, vielleicht hätte mir das auch egal sein können. Immerhin wusste ich ja nicht mit Gewissheit, dass sich Lisa an diesem Abend das Leben nahm. Ich hätte schließlich auch Opfer eines morbiden Telefonstreiches sein können. Fakt ist jedoch, dass ich nur noch weinen konnte& Tränen aus Mitleid, Tränen der Trauer, Tränen der Hilflosigkeit. 2 Tage später las ich in der Zeitung von Lisa, die mit aufgeschnittenen Pulsadern in ihrer Badewanne starb. Es hieß, niemand habe es vorhergesehen, und nichts habe auf ihren wahren mentalen Zustand hingewiesen. Angehörige beschrieben sie als rund um glücklich. Sie ist nur 24 Jahre alt geworden! Ich rief in dieser Nacht weder Notarzt noch Polizei. Ich habe es auch sonst niemals jemandem erzählt. Bis heute.

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Mittwoch, 1. Juni 2011

Schauen Sie nicht weg rufen Sie wenigstens die Polizei!


Wenn Hakenkreuze an den Wänden prangen, Aufkleber mit dem Slogan ‑Wir kriegen Euch alle! ins Blickfeld rücken, mir ein ‑Heil Hitler von der Wand entgegenspringt  dann ist das ein Raum, der mich das Fürchten lehrt. Im Fachjargon werden diese Räume als ‑Angstzone bezeichnet.
Eine solche ist die Gegend um den S-Bahnhof Schweineweide. Nicht nur, dass diese braune Brause meine Augen trübt, nein, an jeder Ecke muss ich auch noch damit rechnen, eins in die Fresse zu kriegen. Ich kann mir nicht aussuchen, ob mit oder ohne Baseballschläger. Unter Umständen sehe ich mich einer ganzen Horde dieser Dumpfbacken gegenüber und werde zusammengelatscht. Das Gruseligste dabei ist , dass Sie zusehen. Oder wahlweise weg. Ja SIE! Gucken Sie nicht so pikiert über den Seitenrand!
Wie oft haben sie schon schnelle Füße gekriegt, wenn einige dieser braunen Randfiguren einen Anderen angepöbelt haben. Und danach zusammengeschlagen. Oh, Entschuldigung, dass konnten Sie ja nicht mehr sehen, SIE waren ja schon weg. Die Polizei war auch gerade nicht in Ihrem Telefon gespeichert. Ach, es war ein Funkloch? Oh. Das tut mir leid. Dem Opfer übrigens auch. Ich war gestern zu seiner Beerdigung.
Ja, ich gebe Ihnen ja in gewisser Weise recht. Einem braunen Mob würde ich mich glaub ich auch nicht an den Hals werfen. Schlagringe eitern so schnell nicht raus. Am besten ist es zu Hause vorm Fernseher darüber nicht nachzudenken, ob  während ich meinen Döner esse  dem anderen gerade auf unkomplizierte Weise die Zähne entfernt wurden.
Haben Sie noch Zeit auf ein Bier? Dann kommen Sie doch morgen Abend wieder. Wir könnten in die ‑Spreehexe gehen, oder in den ‑Eisenbahner. Das Publikum ist recht einfach und homogen. Ausländer werden Sie nicht fürchten müssen. Und Linke auch nicht. Eigentlich gar keine Opfergruppen. Die sind nur draußen. Man kann sich dort ordentlich einen hinter den Binder kippen und zum krölenden Abschluss am Abend Zecken klatschen. Oder Punks. Oder Fitschies. Oder keine Ahnung wer gerade dran ist. Irgendeinen trifft man schon.
Ach Sie gehen Abends hier nicht lang? Schade, hat was von Adventure. Aber wer weiß, vielleicht sehen wir uns ja mal wieder... Vielleicht  könnten wir ja mal nett im Fußgängertunnel Schweineöde spazieren gehen und wer weiß, wenn Sie's dann mal erwischt, ruf ich die Polizei.
Man kennt sich ja jetzt.
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