Montag, 30. April 2012

Über den Wolken von Lissabon

Mein Name ist Axel Stone. Mit meinen Partnern Belinda Peach und Ernest Alder räume ich den Dreck auf den die intersolare Union hinterlässt.
Lissabon ist wieder da.
Nach über hundert Jahren.
Wir dürfen erkunden. Die Stadt die keiner kennt. Die auftaucht wann sie will.
Keiner weiß was da drin ist.
Alder ist aufgeregt. Wie ein kleiner Junge. Erzählt von der Einmaligkeit. Den Möglichkeiten. Der Ehre.
Peach ist gelangweilt. Macht ein paar Sprüche. Schaut aus dem Fenster. Wartet auf das was kommt.
Mir geht es nicht gut.
Vater hat Geschichten erzählt.
Damals. Vor dem Schlafen.
Die Stadt der Geister. Der Toten. Der Unsterblichen.
Mir gefällt das nicht.
Das Shuttle hält. Wir steigen aus.
Vor uns Lissabon.
Es ist da. Dann ist es weg. Dann wieder da.
Will nicht hier sein. Will nicht da rein.
Alder geht voran. Glücklich grinsend.
Verschwindet in der Luft. Ist da und doch weg.
Peach schaut mich an. Dann zur Stadt. Versucht zu lächeln.
Dann geht sie hinein.
Beide stehen vor mir. Schauen sich um.
Mache einen Check.
Scanner, Waffen, Kleidung, Notrationen, Kommunikation.
Alles in Ordnung.
Auch beim zweiten Mal.
Auch beim dritten Mal
Denke an die Geschichten.
Reiße mich zusammen.
Es sind nur Geschichten.
Märchen für Kinder.
Gute Nacht Geschichten.
Gehe hinein.
Alder und Peach wurden klar.
Die Stadt liegt vor uns.
Wir gehen weiter.
Alder redet und redet.
Peach schaut nicht begeistert.
Die Häuser gefallen mir nicht.
Sie sind alt und schief.
Vereinzelt treffen wir Leute.
Nichts besonderes zu sehen.
Eine einfache Stadt.
Menschen in Straßen.
Dazu schiefe Häuser
Mache einen Check.
Scanner, Waffen, Kleidung, Notrationen.
Kommunikation ist abgebrochen.

Wenn ich jetzt Alder bewusstlos schlage, könnte ich es vertuschen?
Wer hätte gedacht dass ich mit Stone auf einer Wellenlänge bin?
Unser sonst so starker Mann hält von der ganzen Mission genauso viel wie ich.
Da erscheint eine Stadt zum ersten Mal seit 121 Jahren und man schickt ein Team von drei Personen.
Wir sind Kanonenfutter.
Kanonenfutter das immer wieder überlebt.
Ich will nicht wissen was uns hier erwartet.
Wenn wir das hier hinter uns haben wird die nächste Mission nur noch eine Stufe schwerer.
Ich will nicht wissen was kommt.
Stones Feststellung, dass der Kontakt zur Basis abgebrochen ist, dass wir keinen Kontakt zur Außenwelt haben ist die Bestätigung die ich erwartet habe aber eigentlich nicht hören wollte.
Alder lässt sich nicht stören.
Ich kann diesen alten Mann sogar verstehen.
Wir stehen auf einer Straße in einer wunderbaren alten Stadt.
Nur erscheint diese Stadt unregelmäßig in der Welt aus der wir kommen.
Es gibt Theorien darüber wie dieses Phänomen begann.
Das heißt im Klartext niemand weiß warum diese Stadt verschwand und warum sie sich nur alle paar hundert Jahre zeigt.
Das weckt Erwartungen.
Lissabon ist nicht die einzige Stadt die verschwand. Es gibt genügend andere Beispiele.
Nur ist Lissabon die einzige die immer wieder auftaucht.
Hinzu kommt der Fluss Tejo der in den Krater hinein fließt und wieder hinaus . Nur ist in dem Krater nichts.
Niemand hat je versucht dort eine neue Stadt zu gründen.
Da is nur Sand und Geröll und an beiden Seiten der Tejo, der mit einem Loch in der Mitte einfach weiter in den Atlantik fließt.
Wie ein kleines Kind blicke ich instinktiv nach oben und sehe SIE.
Stone sieht meinen Blick, verfolgt ihn, sieht dasselbe wie ich und erstarrt.
Wenn man es zuerst sieht, hält man es für Luftspiegelung oder optische Täuschungen.
Halb zu erkennende Schemen hinter dem Himmel. Über den Wolken.
Riesige verschwommene Gestalten mit Gliedmaßen die entfernt unseren gleichen, aber sich doch grundlegend unterschieden.
Während wir auf der Straße stehen und uns die Stadt und den Himmel betrachten kommt ein Mann auf uns zu und begrüßt uns förmlich in seiner Sprache.
Stone greift instinktiv zu seiner Waffe, was ihm ein Lächeln von unserem Concierge einfängt,
Alder kann nichts anderes als ihn wie ein kleines Kind zu betrachten, das den Weihnachtsmann zum ersten Mal sieht.
Das was über dem Himmel ist hat er wahrscheinlich nicht gesehen.

Es gibt Momente die sind unbezahlbar.
Ich bin in Lissabon.
Die ist eine einmalige Möglichkeit.
Im Laufe der Jahrhunderte tauchten immer wieder Leute auf die behaupteten aus dieser Stadt zu kommen. Nie konnte man es beweisen oder belegen.
Interessanterweise hielt es diese Leute nie im starren Europa mit seiner starren Gilden Gesellschaft.
Alle wanderten aus und landete meist in London oder Nordamerika.
Ein paar wenige gingen auch in eines der russischen Länder und ließen sich dort nieder.
Stone und Peach wissen diesen Moment nicht zu würdigen.
Wie Bauern die zum Königshof geladen sind lauern sie herum und können die Schönheit der Stadt nicht würdigen.
Alles ist hier so wunderbar uneinheitlich.
Mit der hier zu bewundernden Natürlichkeit, der eine raue Klarheit innewohnt müsste ich doch vor allem der dumpfe Stone identifizieren können.
Aber statt dessen lungert er wie ein geschlagener Hund herum.
Es gibt kein einheitliches Erscheinungsbild hier.
Die Häuser sind schief und alt.
Während im restlichen Europa stille Disziplin herrscht wuselt hier jeder so wie er es für richtig hält.
Kinder schreien, Frauen rufen, Männer lachen tief und laut.
Wir haben hier eine archäologische Einmalichkeit.
Eine Stadt die von der Zeit unberührt blieb und den selben Charakter hat wie vor tausend Jahren.
Peach ist nicht besser.
Sie hat dasselbe hündische Verhalten wie Stone.
Sie ist permanent unter Anspannung und scheint selbst vom Himmel einen Angriff zu erwarten.
Als wir dann endlich begrüßt werden fällt Stone nichts besseres ein als seine Waffe zu ziehen.
Ich reiche meine Hand zur Begrüßung.
Mit einem Lächeln nimmt der Mann sie in seine und gibt sich als Beauftragter der Stadtverwaltung zu erkennen.
Dann meint er mit einem trockenen Lächeln, dass wir doch vielleicht umkehren wollten, da es uns hier nicht gefallen würde.
Auf meine verwunderte Frage nach dem Warum deutet er in den Himmel.
Zuerst sehe ich nur den blauen Himmel, die Sonne und ein paar Wolken.
Dann, nach mehrmaligen Blinzeln erkenne ich undeutliche Linien, die wie dünne Fäden im Wind
Er nennt sie die Beobachter.
Während ich das was nicht da ist versuche zu erfassen, geht er darauf ein, wie die Leute der Stadt genug hatten von der sich andauernd ändernden Welt.
Sie wollten ihre Ruhe haben.
Lissabon war zu der Zeit schon sehr isoliert vom restlichen Europa, das immer zentralistischer und einheitlicher wurde.
Die Stadt liebte ihren eigenen Charakter und wollte ihn behalten
Er redet von dunkler Materie, Oltronen und SPRI. Wie sie in der richtigen Mischung funktionierten.
Er redet davon, dass sie es schafften sich um 4,59 Sekunden von unserer Zeit zu trennen.
Er redet davon wie wir sie sehen können wenn es zu ungeplanten Synchronisationen kommt oder wenn die Maschine gewartet werden muss.
Dadurch gelangten sie in eine andere Sphäre, in eine andere Dimension, die bereits von den Beobachtern bewohnt wurde.
Die Bewohner der Stadt trafen mit den Ureinwohnern eine Abmachung.
Einmal im Jahr würden sich die Beobachter eine bestimmte zehn Menschen abholen um sie zu untersuchen. Zwei Säuglinge, zwei Kinder, zwei Jugendliche, zwei Erwachsene und zwei Greise. Jeweils immer männlich und weiblich.
Dann würden sie ein anderes mal im Jahr einen Teil der Stadt abschotten und Gruppenphänomene untersuchen.
Mit einem kleinem trockenen Lächeln nimmt er unseren Schrecken war.
Stone ist mit seiner Waffe in der Hand zur Salzsäule erstarrt.
Peach zeigt kalte Faszination.
Ruhig und freundlich fragt er uns was denn so schlimm sei.
Dann fordert er uns auf ihm zu sagen was in unserer Welt denn besser sei.
Sie hatten hier keinen Krieg, keine größeren Verluste und konnten auf ihre Art weiterleben.
Keiner von uns wagt es etwas zu sagen.
Er lädt uns ein zu bleiben.
Für immer.
Wir entscheiden uns dazu zu gehen.

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Montag, 23. April 2012

Die richtige Wahl


Er würde ihr nichts sagen.
Er würde niemandem etwas erzählen.
Nicht seiner Freundin, nicht seinen Eltern oder seinen Freunden.
Das war ganz allein seine Sache.
Sie würden es auch nicht verstehen.
Das einzige was er von ihnen zu erwarten hatte waren leere Worte und gut gemeinte Ermunterungen.
Jeder mögliche Ratschlag  war schon in seinen Gedanken.
Jede Möglichkeit hatte er sich schon vor Augen geführt.
Das Schreiben des Arztes zitterte leicht in seiner Hand.
Er war allein mit sich und der Krankheit.
Dem elenden verdammten EBÜ.
Ejakulations Botulismus Überreaktion.
Seit zehn Jahren war das Virus bekannt.
Niemand wusste wie es entstanden war oder wann genau.
Es war einfach da.
In den Nachrichten kamen immer wieder vereinzelt Geschichten darüber.
Männer tot neben Frauen. Hin und Wieder eine Statistik. Vereinzelte kleine Reportagen über Hinterbliebene und Infizierte die gefasst, mutig oder in Tränen aufgelöst ihr Schicksal  der Kamera erzählten.
Dumpf hallten die Erklärungen des Arztes in seinem Kopf wieder.
Kurz gefasst: der Mann starb nach dem Sex.
Nicht sofort. Man brach nicht einfach zusammen. Es brauchte ungefähr eine Stunde
Einmal und nie wieder.
Es waren nur Männer betroffen.
Theorien, also unbewiesene Vermutungen, sagten dass es etwas mit dem Y-Chromosom zu tun hatte.
Seine Gedanken drehten sich wie eine Spirale nur um ein Thema.
Immer größer wurden die Kreise. Immer mehr Einzelheiten und Geschichten kamen ihm in den Sinn.
Alles rund um Sex. Immer wieder Sex und seine Folgen.
Er wollte nicht auf diese Art darüber nachdenken.
Sein zwanzigster Geburtstag lag doch noch weit vor ihm.
Sie hatten sich gegenseitig Geschichten erzählt. Auf dem Schulhof. Alles Lügen. Es war ein Spiel in dem jeder den anderen überbieten versucht. Insgeheim wussten alle, dass  sie sich nur ausgedachte Geschichten erzählten die sie sich aus Halbwissen zusammenbastelt hatten.
Das alles war einfach nicht fair.
Warum musste es ihn treffen?
Die Gedankenspirale  war bei seiner Freundin angekommen.
Sie waren jetzt seit einem halben Jahr zusammen.
War sie die richtige?
Hier ein Kuss da eine Umarmung.
Unter der Unterwäsche hatten sie sich auch schon kennen gelernt.
Aber sie hatten nie miteinander geschlafen. Nicht richtig.
Und jetzt? Sollte er den Rest seines Lebens enthaltsam leben oder ein letztes Mal mit der Person schlafen von der er glaubte, dass er sie liebte.
Ein lebloses Lachen brach laut und ohne Freude aus seiner Kehle.
Dann wäre sie wirklich die Liebe seines Lebens.
Von dem was er wusste und von dem was ihm erzählt wurde, lag es an verschiedenen Reaktionen des männlichen Gehirns und der männlichen Haut mit der Scheidenflüssigkeit.
Diesen Kontakt konnten auch Kondome nicht verhindern.
Im Kern bekam man einfach einen tödlichen Hirnschlag aufgrund der Überreaktion.
Mit all dem was er nun wusste konnte er sich nur noch vor seinem eigenen Körper ekeln und fürchten.
Er hatte nur eine Möglichkeit um Kinder zu zeugen.
War sie die richtige Wahl?
Ihre Eltern waren nett.
Wie ein Pendel schwangen seine Gedanken von fast aufgeregt hysterisch auf kalt und sachlich.
Nüchtern betrachtete er ihren Charakter und ihre Familiensituation.
Überrascht von sich selbst bemerkte er wie kalt und sachlich  seine Überlegungen waren.
Er wog die besten Optionen ab.
Wie oft hatten seine Eltern ihm vorgehalten dass er nie nachdachte?
Mehr als er zählen konnte.
Hatte ein Kind in dieser Familie eine Zukunft?
Schwer wog das Telefon in seiner Hand.
Es war Wochenende.
Sie würden sich unverfänglich für den Abend verabreden und sich mit Freunden verabreden.
Die Nacht würden sie wie so oft bei ihm verbringen.
Seine Eltern waren heute nicht da.
Er würde neben ihr einschlafen und nicht mehr aufwachen.
Hatte er eine andere Wahl?


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Montag, 16. April 2012

Hausbesuch


Sehr geehrter Herr Sobald

Hier nun wie besprochen eine kurze Zusammenfassung bezüglich der Mitarbeiterintervention mit Frau Donstag, die bei unserer Firma als Mechanikerin arbeitet.
Nachdem wir in den letzten zwei Monaten bei Maria Donstag erbrechen am frühen Morgen und schnell Erschöpfung beobachten konnten, füllten wir Mitte letzter Woche den Familienschutzschutzbogen aus. Dabei sind wir zu der Schlussfolgerung gekommen, dass eine Schwangerschaft vorliegen kann.
Laut  Aussage von Frau Donstag, hatte sie sich von einer Arzthelferin diagnostizieren lassen, dass die Übelkeit von einer Waschmittelallergie kommt.
Um unserer geachteten Arbeitskraft die Ernsthaftigkeit der Situation zu demonstrieren, wurde am späten Samstag Nachmittag in Abstimmung mit dem zuständigen Betriebsarzt ein unangekündigter Hausbesuch durchgeführt.
Frau Donstag reagierte verwundert auf den Besuch und reagierte reserviert.
Kernelemente der Unterweisung waren:
Die Diagnose einer Arzthelferin reicht nicht aus, da diese dazu nicht ausreichend qualifiziert ist.
Wir empfahlen dringend eine richtige Untersuchung um sicherzugehen, dass es ihr als Arbeiterin und Frau gut geht und keine Vermutungen im Raum schweben, die zu falschen Schlussfolgerungen führen.
Frau Donstag verwies auf ihre Abneigung gegenüber Ärzten und dass die Erschöpfung von ihren Schlafstörungen kam, die auch ihren Vorgesetzten bekannt sei.
Um ihre Abneigung zu umgehen wurde von mir vorgeschlagen sie am nächsten Tag zum Betriebsarzt Herrn Doktor Lenga zu begleiten.
Frau Donstag zeigte sich im Gespräch kooperativ und verunsichert. Den Vorschlag des Arztbesuches stimmte sie zu.
Zum Schluss belehrte ich sie noch einmal gewollt formal, dass Schwangerschaften meldepflichtig sind und dass eine Partnerschaftslizenz mit dem Kindsvater empfehlenswert wäre, da dies das gesellschaftliche Leben erleichterte und ihr als möglicher Mutter die nötige Stabilität geben würde.
Hier wurden von mir alle möglichen bürokratischen Hürden und Auflagen aufgezählt und erläutert.
Ich konnte es mir hier nicht verkneifen den einen oder anderen Seitenhieb auf die Venus zu landen, wo die Kinder regelrecht gezüchtet werden, und auf den Mars, wo Neugeborene im wahrsten Sinne der Gesellschaft übergeben werden und ohne erkennbare Eltern erzogen werden.
Unsere geschätzte Mitarbeiterin nahm alle Belehrungen und intersolare Spitzen aufmerksam und ernst auf.
Der gemeinsame Arztbesuches erübrigte sich, da Frau Donstag  sich am nächsten Tag an ihrer Maschine den Arm verletzte, worauf sie sich direkt ohne Begleitung zum Betriebsarzt begab.
Sie verwies mir gegenüber trocken auf den Dienstweg der eingehalten werden musste.
Dieser maß der Übelkeit und den Erschöpfungserscheinungen keine weitere Bedeutung bei und bestimmte sie als nicht ansteckend.
Die Bluttests ergaben keine Auffälligkeiten und der Arm war nur leicht verletzt.
Frau Donstag wird die nächste Woche im Büro aushelfen um ihre Arbeitskraft trotz ihrer Verletzung zur Verfügung zu stellen.
Um eine saubere und transparente Arbeitsweise und Dokumentation zu ermöglichen wurde vor und nach dem Hausbesuch Rücksprache mit meiner Kollegin Frau Lennertz, die mit mir gemeinsam den Familienschutzschutzbogen ausgefüllt hatte und dem Betriebsarzt gehalten, der den ganzen Vorgang für möglicherweise übertrieben aber dennoch für angebracht hielt um eben Missverständnisse zu vermeiden.


Mit freundlichen Grüßen
Thomas Bruß
Abteilungsleiter Mitarbeiterkoordination


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Montag, 9. April 2012

Einmal zur Kaufhalle und zurück

Nachdem die Schimpansen ihren Krieg beendet hatten konnten wir endlich raus.
Es war auch höchste Zeit, denn unsere Vorräte waren alle.
Das Los entschied, dass ich einkaufen gehen musste.
Die Weibchen der Verlierer des Krieges standen nun an allen Ecken und boten ihre Körper für Futter an.
Meiner Einschätzung nach würde es nicht lange dauern und die Arbeiter der Gewinner würden in den Streik gehen.
Das war immer so.
Um sicherzugehen, dass ich auf dem richtigen Weg war schaute ich mir die Kühe an.
Nachdem ich mir sicher war, dass sie beim Essen wie immer Richtung Norden zeigten ging ich beruhigt weiter.
Es gab immer noch Landminen im Boden, aber ich folgte den Katzenspuren.
Aus irgendwelchen Gründen spürten sie wo der Sprengstoff war und umgingen ihn.
Ein Rudel Hunde verfolgte mich, ich musste erst das Leittier verwunden, damit sie mich in Ruhe ließen.
Das Dach Kaufhalle war wie immer mit Krähen übersät. Der Besitzer hatte vor langer Zeit einen Pakt mit ihnen geschlossen.
Dadurch war sein Geschäft eines der wenigen sicheren.
Meine Auswahl hatte ich schnell beisammen.
Die Ameisen die überall herum liefen und lagen schüttelte und strich ich weg.
Falls welche noch in den Kartons waren würden sie beim Kochen abgetötet werden.
Ich erinnerte mich daran auch noch das Müsli auf jeden Fall abzukochen, schließlich wollte ich mir keinen Hirnwurm einfangen.

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Der Ausbruch 4


Sie hatten sich dahinter versammelt. Unser Ausweg war versperrt. Wir waren dazu verdammt hier zu bleiben als  Futtervorrat für die Monster.
Dann öffnete sich die Tür.
Zu Salzsäuren erstarrt verfolgten wir die sich zur Seite schiebende Platte..
Warum musste der Bewegungsmelder jetzt funktionieren?
Konnten die Generatoren mit der Erholung nicht noch ein wenig warten?
Ein braun rotes Meer aus Fell entfaltete sich vor uns.
Ohne sich stören zu lassen wuselten die riesigen Fellbälle hin und her.
In ihren Haaren waren noch getrocknetes Blut und Fleischreste zu erkennen.
Anscheinend waren sie gerade alle satt und zufrieden.
Tränen der Verzweiflung füllten meine Augen.
Irgendwann würden sie wieder hungrig sein.
Dann würden wir sterben.
Das war das Ende.
Ich würde dafür bezahlen weil ich wissen wollte was der Unterschied zwischen Hasen und Kaninchen war.
Neugier ist der Katze Tod.
Trotzig unterdrückte ich die Tränen
Ein Surren ließ mich aufhorchen.
Das Surren einer Tür.
Veles erschien zusammen mit anderen Überlebenden am gegenüberliegenden Tor. Es waren um die zwanzig.
Jeder hatte zwei Fackeln in der Hand und selbst gebastelte Helme auf den Köpfen Sie waren Vogelscheuchen für die Cletisias.
Sie mussten es gewesen sein die den Strom für die Türen wieder zum Laufen gebracht hatten.
Majestätisch erhob er seinen Kopf und blickte mich an.
Er hatte sich bemalt.
Ich konnte ein paar seiner Masken bei seinen Gefährten erkennen.
Aber er hatte sich bemalt.
Im Gesicht.
Und er schaute mich an.
Kontrolliert reichte er die Fackel von seiner rechten in die linke Hand und gab mit der nun freien Hand einen Code in die Tastatur neben der Tür ein.
Vor uns erschien ein Kraftfeld.
Ohne Hast gab der gehörnte Psychologe noch einen Code ein. Die Cletesias hatten ihn und seine Kumpane nicht zur Kenntnis genommen.
Mit einem tiefen Summen öffnete sich das Haupttor der Rampe.
Die peitschenden Winde des Mars fluteten die Halle.
Dann jaulte Veles auf und schwang seine Fackeln.
Seine Kameraden taten es ihm gleich. Sie stoben auseinander, machten Lärm und versengten den Monstern das Fell.
Ihren Urinstinkten folgend wichen die riesigen Tiere mit Fauchen und irritiertem Quieken zurück.
So etwas war ihnen noch nie begegnet. Gehörnte Menschen hatten sie nie gesehen und mit Feuer hatten wir sie nie konfrontiert.
Mit Schreien und Brüllen trieben sie die Tiere hinaus in die Steppe.
Als ich beobachtete wie die Tiere in der Ferne mit der Steppe verschmolzen kroch mir ein eiskaltes Kribbeln den Rücken herunter.
Diese Tiere waren mehr als fruchtbar und würden sich in kürzester Zeit verbreitet und etabliert haben und sie fielen auch Menschen an um Essen zu bekommen.
Veles kam zu uns um das Kraftfeld zu deaktivieren.
In seinem bemalten Gesicht konnte ich sehen, dass  er dasselbe dachte wie ich.
Wir hatten nicht nur unseren Vorgesetzten Meldung zu erstatten, sondern auch der planetaren Obrigkeit.
Immerhin hatte der Mars jetzt eine neue Spezies.


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Sonntag, 8. April 2012

Der Ausbruch 3


Selbst im undeutlichen Rot der Notbeleuchtung konnte ich erkennen wie käseweiß Orland im Gesicht war.
Versteinert lauschten wir dem Grauen hinter der Tür.
Still und heimlich war ich dankbar für meine kleine Neurose immer die Tür hinter mir zu schließen.
Es war ein Tick den ich seit meiner Kindheit hatte.
Ich fühlte mich schlicht ruhiger wenn die Tür zu war, konnte mich besser konzentrieren.
Diese kleine Eigenheit hatte mir an dem Tag das Leben gerettet.
Orland war der erste der sich als erster aus seiner Erstarrung löste. Vorsichtig bewegte er sich auf mich zu und flüsterte mir zitternd zu, dass wir zur Shuttlerampe gelangen mussten um noch lebend heraus zu kommen.
Mehr als zustimmen konnte ich nicht. Zu etwas anderem war ich nicht in der Lage.
Wir warteten ab bis auf den Fluren Stille herrschte.
Die Abwesenheit von Geräuschen war ohrenbetäubend.
Wie ein Echo hallte der vor kurzem gehörte Horror in meinen Ohren nach.
Manuell hatten wir beide die Tür zu öffnen.
Es war nicht schwer.  Die Notsicherung war zu lösen. Dann ließ sich die Tür butterweich öffnen.
Jeder der einmal in einem Zug gefahren war kannte die Verfahrensweise.
Orland musste trotzdem jeden einzelnen Schritt erklären.
Zum ersten Mal seit langem bemerkte ich kalten Schweiß auf meiner Haut.
Im Licht des Notstroms wanderten die Schatten an den Wänden auf ihren eigenen Wegen.
Wo was wie war konnten wir zuerst nur schwer erkennen.
Wenn hier auch nur ein Monster lauerte waren wir ein willkommenes Fressen.
Vor unseren Augen bot sich das Bild von einem Massaker.
Dunkle Schleifspuren zogen sich auf dem Boden entlang. Dunkelrot.
Ich spürte ein Zittern in mir, doch meine Hände und Lippen blieben ruhig.
Knochen und Fleischfetzen lagen an den Schleifspuren entlang in einem beunruhigend passenden Muster. Dazu Fetzen von Uniformen. Uniformen von Technikern.
War das Leisscher gewesen?
Ich hatte Leisscher immer gemocht. Wir haben manchmal Karten gespielt wenn nichts anderes los war.
Oder war es Stazung?
Der Typ den keiner leiden konnte?
Wer wurde auf dem Korridor verteilt?
Zusammen gingen wir den Korridor zur Rampe entlang.
Panisch wurde mir bewusst, dass wir unbewaffnet waren.
Wir waren zwei Akademiker die einen dunklen Flur entlang tappten ohne zu wissen von wo die Monster kommen konnten.
Bilder an die ich nicht denken wollte schlichen sich in meinem Hinterkopf an.
Wie sah es aus wenn ein Cletesias einen Kopf in den Mund nahm und dann zubiss?
Bevor das Licht ausging hatten wir uns über die Länge der Krallen unterhalten. Vor mir waren klare Blutspuren. Aufgerichtet waren die Tiere etwas kleiner als ich.
Wie würden sie mit erhobenen Klauen aussehen?
Veles kam mir in den Sinn mit einer seiner verdammten Geschichten.
Er hatte einem Teil seiner Hamster immer einmal in der Woche ein kleines Stück Gehacktes gegeben, weniger als ein Gramm.
Seine Pointe war, dass die mit dem Fleisch länger überlebten und er liebte es darauf hinzuweisen, dass das rohe Fleisch nicht gehamstert sondern gleich verzehrt wurde.
Von weitem hörten wir das Klacken und Scharren der Krallen auf dem Boden. Das Rauschen des Fells das über den Boden strich. Das wiederkehrende Quieken, welches immer wieder vom Fletschen der Zähne unterbrochen wurde.
Am Ende des Flures erreichten wir den verschlossenen Eingang zur Rampe. Klar  und deutlich drangen die widerwärtigen Geräusche der Kreaturen durch das Metall.


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Samstag, 7. April 2012

Der Ausbruch 2


Veles hielt das alles für eine schlechte Idee. Er konnte das ganze Projekt nicht leiden. Warum er hinzugezogen wurde wusste niemand, noch nicht einmal er selber.
Anstatt sich die ganze Zeit zu beschweren nahm er die ganze Situation mit Humor und machte Anspielung darauf, dass er keine Nacktfotos von der Tochter seines Chefs hätte machen sollen.
Als verantwortlicher Tierpsychologe beobachtete er unsere Arbeit distanziert und kritisch.
Es wurde irgendwann klar warum er hier war.
Veles war ein Fachmann für alle Arten und Unterarten von Nagetieren.
Mäuse, Meerschweinchen, Hasen, Hörnchen und auch Hamster, die Grundlage unserer Züchtungen waren.
Er kannte unsere Ziele, die er nicht mochte. Trotzdem gab er seine fachlichen Einschätzungen ab.
Seinen Unmut gab er damit Ausdruck, dass er Anekdoten erzählte wie Hamster dazu in der Lage waren größere Tiere wie Meerschweinchen ohne weitere Probleme anzugreifen oder wie weit und hoch sie in ihrer ursprünglichen Größe springen konnten oder wie sie sich gegenseitig töteten wenn der Platz nicht ausreichte. Sehr gerne verwies er auch auf die Ausdauer dieser Tiere wenn es um Verletzungen ging.
Er beendete seine Erzählungen immer mit der Aufforderung, dass man sich doch bitte vorstellen sollte wozu sie in ihrer jetzigen Größe in der Lage waren.
Drei Wochen nachdem ich gebissen wurde rief er mich zu sich um mir einen Vorfall zu melden.
In seinem Büro, dessen Wände voller Masken und Waffen, wie Speere und Armbrüste hingen empfing er mich ungewohnt formal und bot darum mich zu setzen.
Er kam von hier und entsprach nur zu gut dem Klischee der Marsianer, die sich für alle möglichen mittelalterlichen Sachen interessierte.
Mit matter Stimme schilderte Veles mir wie eine Herde die andere, anscheinend verfeindete, umzingelt und systematisch dezimiert hatte. Die überlebenden Welpen wurden von  Weibchen des siegreichen Rudels aufgenommen und aufgezogen.
Fast gezwungen beiläufig wies er darauf hin, dass dies ein untypisches Verhalten für diese Art von Spezies war. Ursprünglich waren sie eher Einzelgänger und organisierten sich nicht in Herden, geschweige denn, dass sie für die Nachkommen anderer sorgten.
Sein Gegenbeispiel waren hier Wölfe, wo die Wölfin bei einem Partnerwechsel, die bereits vorhandenen Nachkommen ihrer Vorgängerin tötete.
Ich weiß nicht warum mir mulmig war als ich sein Quartier verließ.
Wir hatten doch mehr erreicht als wir erhofften.
Der Ausbruch geschah ungefähr zehn Tage später.
Ich war gerade dabei zusammen mit Orland, einem meiner untergestellten Genetiker, die aktuellen Daten durchzusprechen. Belangloses Zeug. Es ging um die Zahnlänge und was wir den Tieren in di Käfige packen konnten, damit sie sich selber die Beißer ab wetzten.
Jeder von uns hatte seine frische Tasse Kaffee vor sich zu stehen.
Statistiken flogen dreidimensional vor unseren Augen.
Dann waren sie weg.
Wir gaben alle möglichen Codes ein, aber die Technik gehorchte uns nicht.
Dann erklang ein Signal das mir durch Mark und Bein ging.
Es war der Alarm der Käfige.
Das Licht fiel aus.
Die Notbeleuchtung sprang an.
Meine Knie wurden weich. In meinem Magen ballte sich die nackte Angst.
Durch die verschlossene Tür konnten wir Schreie hören. Panisch geschriene Anweisungen und Hilferufe. Dazwischen immer wieder Schmerzensschreie. Und Gebete.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis wir auch das leisere Klacken der Krallen auf den Fluren durch die Wände hörten.
Dazu kam das kurze charakteristische Quieken der Kreaturen. Mal kurze Abstände, dann wieder länger.
Den Gedanken, dass diese Töne eine wahrhaftige Sprache sein konnten unterdrückte ich mühsam.


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Freitag, 6. April 2012

Der Ausbruch


Ich wurde gebissen. Was für ein Erfolg. Ich wurde gebissen.
Während mir der Arzt die Wunde desinfiziert und mir einen Verband verpasst überschlagen sich meine Gedanken.
Dies war ein klares Zeichen dafür, dass unsere Forschungen auf dem richtigen Weg waren.
Nach knapp fünf Jahren waren wir unserem Ziel, der Ursache von Aggressionen zu isolieren noch ein Stück näher gekommen. Von hier waren es nur noch wenige Schritte bis wir den genetischen Prozess soweit beeinflussen konnten, dass wir Tiere züchten konnten, die das Militär dann als Bodentruppen einsetzen konnten.
Die Grundidee war älter als wir alle, aber es sollte noch einmal versucht werden.
Wer die Idee dafür hatte weiß keiner mehr. Mir und den Kollegen war es auch egal.
Hauptsache die Gelder flossen und wir durften uns auf unserem Gebiet austoben.
Vielleicht hoffte irgendjemand irgendwo die Venus wieder unter die Herrschaft der Erde zu bekommen.
Der Krieg lag in den letzten Zügen und da wurden einige vielleicht verzweifelt was die möglichen Optionen anging.
Uns war es egal, wir durften spielen.
Mich hatten die Unterschiede zwischen wilden Tieren und ihren domestizierten Artgenossen schon immer interessiert.
Warum war ein Hund zutraulich, während ein Wolf Abstand nahm?
Wieso konnte man Kaninchen züchten, Hasen aber nicht?
Weshalb kommt die Brieftaube zurück, während ihr Cousin von der Straße einem das Auto ruiniert?
Natürlich gab es dafür evolutionäre Gründe. Erklärungen aus der Verhaltensforschung in Verbindung mit Lernen und Fehlern.
Aber ich war Biologe. Ein Genetiker.
Genauso wie die Verhaltensforscher wussten dass die Unterschiede durch Konditionierung über die Jahrtausende hervorgerufen wurden, sah ich den Unterschied in den Gensträngen, der mir ins Auge stach.
Genstränge bestanden aus Bausteinen und die konnte man auseinander nehmen und wieder zusammen setzen.
Die Unterschiede waren minimal, aber sie waren da.
Wir haben sie Cletesias getauft.
Mittlerweile waren sie einen halben Meter groß und einen Meter lang.
Womit wir nicht gerechnet hatten war der Fellwuchs, der die Tiere wie einen wandelnden Wischmopp aussehen ließ.
Von den ewig nachwachsenden Zähnen ganz zu schweigen.
Wir hatten fünf Versuchsgruppen, die wir inoffiziell Herden nannten, mit unterschiedlichem Aggressionspotential.
Ein nicht zu unterschätzendes Problem war die hohe Fruchtbarkeit der Tiere. Gleichzeitig war es auch eine sehr willkommene Ressource, denn so konnten wir immer wieder Versuchstiere sezieren und Material extrahieren um den Fortschritt unserer Arbeit zu untersuchen.
Wie wir genau auf den Namen kamen weiß ich nicht mehr.
In einer langen und sinnlosen Nacht kamen wir darauf, dass wir die Tradition eine neue Spezies nach dem jeweiligen Entdecker oder dem Ort wo sie entdeckt wurden zu benennen einfach nicht leiden konnten.
Unter dem Einfluss von schlechtem Wein warfen wir Ideen in den Raum und erinnerten uns am nächsten Tag nur noch an Cletesias.
Also blieben wir dabei.
Wir waren auf einem Außenposten auf dem Mars. Da muss man sich die Zeit vertreiben.
Draußen tobten die Winde.
Natürlich konnte man jederzeit raus um eine Zigarette zu rauchen, aber durch die gegebenen Windverhältnisse rauchte man schneller als man eigentlich wollte.
Veles hielt das alles für eine schlechte Idee. Er konnte das ganze Projekt nicht leiden. Warum er hinzugezogen wurde wusste niemand, noch nicht einmal er selber.
Anstatt sich die ganze Zeit zu beschweren nahm er die ganze Situation mit Humor und machte Anspielung darauf, dass er keine Nacktfotos von der Tochter seines Chefs hätte machen sollen.
Als verantwortlicher Tierpsychologe beobachtete er unsere Arbeit distanziert und kritisch.
Es wurde irgendwann klar warum er hier war.
Veles war ein Fachmann für alle Arten und Unterarten von Nagetieren.
Mäuse, Meerschweinchen, Hasen, Hörnchen und auch Hamster, die Grundlage unserer Züchtungen waren.
Er kannte unsere Ziele, die er nicht mochte. Trotzdem gab er seine fachlichen Einschätzungen ab.
Seinen Unmut gab er damit Ausdruck, dass er Anekdoten erzählte wie Hamster dazu in der Lage waren größere Tiere wie Meerschweinchen ohne weitere Probleme anzugreifen oder wie weit und hoch sie in ihrer ursprünglichen Größe springen konnten oder wie sie sich gegenseitig töteten wenn der Platz nicht ausreichte. Sehr gerne verwies er auch auf die Ausdauer dieser Tiere wenn es um Verletzungen ging.
Er beendete seine Erzählungen immer mit der Aufforderung, dass man sich doch bitte vorstellen sollte wozu sie in ihrer jetzigen Größe in der Lage waren.
Drei Wochen nachdem ich gebissen wurde rief er mich zu sich um mir einen Vorfall zu melden.
In seinem Büro, dessen Wände voller Masken und Waffen, wie Speere und Armbrüste hingen empfing er mich ungewohnt formal und bot darum mich zu setzen.
Er kam von hier und entsprach nur zu gut dem Klischee der Marsianer, die sich für alle möglichen mittelalterlichen Sachen interessierte.
Mit matter Stimme schilderte Veles mir wie eine Herde die andere, anscheinend verfeindete, umzingelt und systematisch dezimiert hatte. Die überlebenden Welpen wurden von Weibchen des siegreichen Rudels aufgenommen und aufgezogen.
Fast gezwungen beiläufig wies er darauf hin, dass dies ein untypisches Verhalten für diese Art von Spezies war. Ursprünglich waren sie eher Einzelgänger und organisierten sich nicht in Herden, geschweige denn, dass sie für die Nachkommen anderer sorgten.
Sein Gegenbeispiel waren hier Wölfe, wo die Wölfin bei einem Partnerwechsel, die bereits vorhandenen Nachkommen ihrer Vorgängerin tötete.
Ich weiß nicht warum mir mulmig war als ich sein Quartier verließ.
Wir hatten doch mehr erreicht als wir erhofften.
Der Ausbruch geschah ungefähr zehn Tage später.
Ich war gerade dabei zusammen mit Orland, einem meiner untergestellten Genetiker, die aktuellen Daten durchzusprechen. Belangloses Zeug. Es ging um die Zahnlänge und was wir den Tieren in di Käfige packen konnten, damit sie sich selber die Beißer ab wetzten.
Jeder von uns hatte seine frische Tasse Kaffee vor sich zu stehen.
Statistiken flogen dreidimensional vor unseren Augen.
Dann waren sie weg.
Wir gaben alle möglichen Codes ein, aber die Technik gehorchte uns nicht.
Dann erklang ein Signal das mir durch Mark und Bein ging.
Es war der Alarm der Käfige.
Das Licht fiel aus.
Die Notbeleuchtung sprang an.
Meine Knie wurden weich. In meinem Magen ballte sich die nackte Angst.
Durch die verschlossene Tür konnten wir Schreie hören. Panisch geschriene Anweisungen und Hilferufe. Dazwischen immer wieder Schmerzensschreie. Und Gebete.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis wir auch das leisere Klacken der Krallen auf den Fluren durch die Wände hörten.
Dazu kam das kurze charakteristische Quieken der Kreaturen. Mal kurze Abstände, dann wieder länger.
Den Gedanken, dass diese Töne eine wahrhaftige Sprache sein konnten unterdrückte ich mühsam.
Selbst im undeutlichen Rot der Notbeleuchtung konnte ich erkennen wie käseweiß Orland im Gesicht war.
Versteinert lauschten wir dem Grauen hinter der Tür.
Still und heimlich war ich dankbar für meine kleine Neurose immer die Tür hinter mir zu schließen.
Es war ein Tick den ich seit meiner Kindheit hatte.
Ich fühlte mich schlicht ruhiger wenn die Tür zu war, konnte mich besser konzentrieren.
Diese kleine Eigenheit hatte mir an dem Tag das Leben gerettet.
Orland war der erste der sich als erster aus seiner Erstarrung löste. Vorsichtig bewegte er sich auf mich zu und flüsterte mir zitternd zu, dass wir zur Shuttlerampe gelangen mussten um noch lebend heraus zu kommen.
Mehr als zustimmen konnte ich nicht. Zu etwas anderem war ich nicht in der Lage.
Wir warteten ab bis auf den Fluren Stille herrschte.
Die Abwesenheit von Geräuschen war ohrenbetäubend.
Wie ein Echo hallte der vor kurzem gehörte Horror in meinen Ohren nach.
Manuell hatten wir beide die Tür zu öffnen.
Es war nicht schwer. Die Notsicherung war zu lösen. Dann ließ sich die Tür butterweich öffnen.
Jeder der einmal in einem Zug gefahren war kannte die Verfahrensweise.
Orland musste trotzdem jeden einzelnen Schritt erklären.
Zum ersten Mal seit langem bemerkte ich kalten Schweiß auf meiner Haut.
Im Licht des Notstroms wanderten die Schatten an den Wänden auf ihren eigenen Wegen.
Wo was wie war konnten wir zuerst nur schwer erkennen.
Wenn hier auch nur ein Monster lauerte waren wir ein willkommenes Fressen.
Vor unseren Augen bot sich das Bild von einem Massaker.
Dunkle Schleifspuren zogen sich auf dem Boden entlang. Dunkelrot.
Ich spürte ein Zittern in mir, doch meine Hände und Lippen blieben ruhig.
Knochen und Fleischfetzen lagen an den Schleifspuren entlang in einem beunruhigend passenden Muster. Dazu Fetzen von Uniformen. Uniformen von Technikern.
War das Leisscher gewesen?
Ich hatte Leisscher immer gemocht. Wir haben manchmal Karten gespielt wenn nichts anderes los war.
Oder war es Stazung?
Der Typ den keiner leiden konnte?
Wer wurde auf dem Korridor verteilt?
Zusammen gingen wir den Korridor zur Rampe entlang.
Panisch wurde mir bewusst, dass wir unbewaffnet waren.
Wir waren zwei Akademiker die einen dunklen Flur entlang tappten ohne zu wissen von wo die Monster kommen konnten.
Bilder an die ich nicht denken wollte schlichen sich in meinem Hinterkopf an.
Wie sah es aus wenn ein Cletesias einen Kopf in den Mund nahm und dann zubiss?
Bevor das Licht ausging hatten wir uns über die Länge der Krallen unterhalten. Vor mir waren klare Blutspuren. Aufgerichtet waren die Tiere etwas kleiner als ich.
Wie würden sie mit erhobenen Klauen aussehen?
Veles kam mir in den Sinn mit einer seiner verdammten Geschichten.
Er hatte einem Teil seiner Hamster immer einmal in der Woche ein kleines Stück Gehacktes gegeben, weniger als ein Gramm.
Seine Pointe war, dass die mit dem Fleisch länger überlebten und er liebte es darauf hinzuweisen, dass das rohe Fleisch nicht gehamstert sondern gleich verzehrt wurde.
Von weitem hörten wir das Klacken und Scharren der Krallen auf dem Boden. Das Rauschen des Fells das über den Boden strich. Das wiederkehrende Quieken, welches immer wieder vom Fletschen der Zähne unterbrochen wurde.
Am Ende des Flures erreichten wir den verschlossenen Eingang zur Rampe. Klar und deutlich drangen die widerwärtigen Geräusche der Kreaturen durch das Metall.
Sie hatten sich dahinter versammelt. Unser Ausweg war versperrt. Wir waren dazu verdammt hier zu bleiben als Futtervorrat für die Monster.
Dann öffnete sich die Tür.
Zu Salzsäuren erstarrt verfolgten wir die sich zur Seite schiebende Platte..
Warum musste der Bewegungsmelder jetzt funktionieren?
Konnten die Generatoren mit der Erholung nicht noch ein wenig warten?
Ein braun rotes Meer aus Fell entfaltete sich vor uns.
Ohne sich stören zu lassen wuselten die riesigen Fellbälle hin und her.
In ihren Haaren waren noch getrocknetes Blut und Fleischreste zu erkennen.
Anscheinend waren sie gerade alle satt und zufrieden.
Tränen der Verzweiflung füllten meine Augen.
Irgendwann würden sie wieder hungrig sein.
Dann würden wir sterben.
Das war das Ende.
Ich würde dafür bezahlen weil ich wissen wollte was der Unterschied zwischen Hasen und Kaninchen war.
Neugier ist der Katze Tod.
Trotzig unterdrückte ich die Tränen
Ein Surren ließ mich aufhorchen.
Das Surren einer Tür.
Veles erschien zusammen mit anderen Überlebenden am gegenüberliegenden Tor. Es waren um die zwanzig.
Jeder hatte zwei Fackeln in der Hand und selbst gebastelte Helme auf den Köpfen Sie waren Vogelscheuchen für die Cletisias.
Sie mussten es gewesen sein die den Strom für die Türen wieder zum Laufen gebracht hatten.
Majestätisch erhob er seinen Kopf und blickte mich an.
Er hatte sich bemalt.
Ich konnte ein paar seiner Masken bei seinen Gefährten erkennen.
Aber er hatte sich bemalt.
Im Gesicht.
Und er schaute mich an.
Kontrolliert reichte er die Fackel von seiner rechten in die linke Hand und gab mit der nun freien Hand einen Code in die Tastatur neben der Tür ein.
Vor uns erschien ein Kraftfeld.
Ohne Hast gab der gehörnte Psychologe noch einen Code ein. Die Cletesias hatten ihn und seine Kumpane nicht zur Kenntnis genommen.
Mit einem tiefen Summen öffnete sich das Haupttor der Rampe.
Die peitschenden Winde des Mars fluteten die Halle.
Dann jaulte Veles auf und schwang seine Fackeln.
Seine Kameraden taten es ihm gleich. Sie stoben auseinander, machten Lärm und versengten den Monstern das Fell.
Ihren Urinstinkten folgend wichen die riesigen Tiere mit Fauchen und irritiertem Quieken zurück.
So etwas war ihnen noch nie begegnet. Gehörnte Menschen hatten sie nie gesehen und mit Feuer hatten wir sie nie konfrontiert.
Mit Schreien und Brüllen trieben sie die Tiere hinaus in die Steppe.
Als ich beobachtete wie die Tiere in der Ferne mit der Steppe verschmolzen kroch mir ein eiskaltes Kribbeln den Rücken herunter.
Diese Tiere waren mehr als fruchtbar und würden sich in kürzester Zeit verbreitet und etabliert haben und sie fielen auch Menschen an um Essen zu bekommen.
Veles kam zu uns um das Kraftfeld zu deaktivieren.
In seinem bemalten Gesicht konnte ich sehen, dass er dasselbe dachte wie ich.
Wir hatten nicht nur unseren Vorgesetzten Meldung zu erstatten, sondern auch der planetaren Obrigkeit.
Immerhin hatte der Mars jetzt eine neue Spezies.

Montag, 2. April 2012

Auf der Wiese

Ich bin mit dem Leben davon gekommen. Gott sei meiner Seele gnädig. Ich alleine bin davon gekommen.
Dass bei der Recherche einer verschollenen Mission immer etwas beunruhigendes zu Tage kommt ist allgemein bekannt.
Man denke hier nur an die Vorkommnisse auf NE17.
Aber das was wir hier fanden spottete jeder Erwartung.
Wir landeten ohne weitere Probleme auf UP 257.
Die erste Untersuchungsmannschaft hatte sich nicht mehr gemeldet, also wurden wir losgeschickt um Licht ins Dunkel zu bringen.
Eine gewohnte Ausgangsposition die meist eine von drei möglichen Enden hatte.
Entweder gab es Verluste zu beklagen, oder die Mannschaft rannte unter Drogen durch die Natur, weil sie von den falschen Früchten genascht hatten.
Oder aber sie wurden von irgendwelchen Einheimischen als Götter verehrt, was auch zur Folge haben konnte, dass sie irgendwie geopfert werden sollten, was uns wieder zum ersten Punkt führte.
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