Samstag, 7. April 2012

Der Ausbruch 2


Veles hielt das alles für eine schlechte Idee. Er konnte das ganze Projekt nicht leiden. Warum er hinzugezogen wurde wusste niemand, noch nicht einmal er selber.
Anstatt sich die ganze Zeit zu beschweren nahm er die ganze Situation mit Humor und machte Anspielung darauf, dass er keine Nacktfotos von der Tochter seines Chefs hätte machen sollen.
Als verantwortlicher Tierpsychologe beobachtete er unsere Arbeit distanziert und kritisch.
Es wurde irgendwann klar warum er hier war.
Veles war ein Fachmann für alle Arten und Unterarten von Nagetieren.
Mäuse, Meerschweinchen, Hasen, Hörnchen und auch Hamster, die Grundlage unserer Züchtungen waren.
Er kannte unsere Ziele, die er nicht mochte. Trotzdem gab er seine fachlichen Einschätzungen ab.
Seinen Unmut gab er damit Ausdruck, dass er Anekdoten erzählte wie Hamster dazu in der Lage waren größere Tiere wie Meerschweinchen ohne weitere Probleme anzugreifen oder wie weit und hoch sie in ihrer ursprünglichen Größe springen konnten oder wie sie sich gegenseitig töteten wenn der Platz nicht ausreichte. Sehr gerne verwies er auch auf die Ausdauer dieser Tiere wenn es um Verletzungen ging.
Er beendete seine Erzählungen immer mit der Aufforderung, dass man sich doch bitte vorstellen sollte wozu sie in ihrer jetzigen Größe in der Lage waren.
Drei Wochen nachdem ich gebissen wurde rief er mich zu sich um mir einen Vorfall zu melden.
In seinem Büro, dessen Wände voller Masken und Waffen, wie Speere und Armbrüste hingen empfing er mich ungewohnt formal und bot darum mich zu setzen.
Er kam von hier und entsprach nur zu gut dem Klischee der Marsianer, die sich für alle möglichen mittelalterlichen Sachen interessierte.
Mit matter Stimme schilderte Veles mir wie eine Herde die andere, anscheinend verfeindete, umzingelt und systematisch dezimiert hatte. Die überlebenden Welpen wurden von  Weibchen des siegreichen Rudels aufgenommen und aufgezogen.
Fast gezwungen beiläufig wies er darauf hin, dass dies ein untypisches Verhalten für diese Art von Spezies war. Ursprünglich waren sie eher Einzelgänger und organisierten sich nicht in Herden, geschweige denn, dass sie für die Nachkommen anderer sorgten.
Sein Gegenbeispiel waren hier Wölfe, wo die Wölfin bei einem Partnerwechsel, die bereits vorhandenen Nachkommen ihrer Vorgängerin tötete.
Ich weiß nicht warum mir mulmig war als ich sein Quartier verließ.
Wir hatten doch mehr erreicht als wir erhofften.
Der Ausbruch geschah ungefähr zehn Tage später.
Ich war gerade dabei zusammen mit Orland, einem meiner untergestellten Genetiker, die aktuellen Daten durchzusprechen. Belangloses Zeug. Es ging um die Zahnlänge und was wir den Tieren in di Käfige packen konnten, damit sie sich selber die Beißer ab wetzten.
Jeder von uns hatte seine frische Tasse Kaffee vor sich zu stehen.
Statistiken flogen dreidimensional vor unseren Augen.
Dann waren sie weg.
Wir gaben alle möglichen Codes ein, aber die Technik gehorchte uns nicht.
Dann erklang ein Signal das mir durch Mark und Bein ging.
Es war der Alarm der Käfige.
Das Licht fiel aus.
Die Notbeleuchtung sprang an.
Meine Knie wurden weich. In meinem Magen ballte sich die nackte Angst.
Durch die verschlossene Tür konnten wir Schreie hören. Panisch geschriene Anweisungen und Hilferufe. Dazwischen immer wieder Schmerzensschreie. Und Gebete.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis wir auch das leisere Klacken der Krallen auf den Fluren durch die Wände hörten.
Dazu kam das kurze charakteristische Quieken der Kreaturen. Mal kurze Abstände, dann wieder länger.
Den Gedanken, dass diese Töne eine wahrhaftige Sprache sein konnten unterdrückte ich mühsam.


Launing
die Geschichte einer Verwandlung

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