Dienstag, 30. Dezember 2014

Im Ring des Grauens: Schlaf

Die Tür zum Bad öffnete sich und ließ eine Wolke von feuchter und seifiger Luft inklusive Wohlgerüche den Raum durchfluten.
Seine Vorgesetzte schritt als die Badehure, die sie war in den Raum.
Mikel mochte diesen Begriff nicht, obwohl er ihn lustig fand, aber seine Vorgesetzte hatte ihm eben jenen Begriff selber erklärt.
Auf längeren Raumfahrten war es unumgänglich, dass alle Beteiligten mindestens drei Lagen von irgendwelchen Ausdünstungen auf ihrer Haut herum trugen.
Die Luft nahm irgendwann einen Konsensgeruch an, mit dem sich jeder abfand.
Dieser Konsens wurde durchbrochen, wenn sich jemand wusch, denn sobald der Duft von frisch gewaschener Haut sich seinen Weg bahnte, bemerkte jeder, wie schlecht er selber stank.
Es war ein kleiner Wettkampf.
Derjenige, der zuerst einknickte und sich unter die Dusche flüchtete, war die Badehure.
Seine Vorgesetzte trocknete sich mehr als genüsslich ihre Haare ab und gab äußerst verstörende Geräusche von sich.
Dann fiel ihr Blick auf den Kapitän.
Jegliche Entspannung, die sie vielleicht im Bad erreichen konnte, fiel sofort von ihr ab.
Wie eine besorgte Mutter besah sie sich das mehr als sonderbare Schauspiel das der Kapitän darbot
Nur war der Kapitän, kein Kapitän, sondern ein kleines Kind.
„Robert, geh schlafen.“
Der Kapitän hüpfte weiter.
Seine Vorgesetzte schaute kurz Mikel an, dann wandte sie sich wieder ihrem Ziel zu.
Sie legte sich ihr Handtuch in den Nacken und näherte sich dem hüpfenden Kapitän.
Dann lies sie mit voller Kraft ihre Hand auf seine linke Schulter fallen und drehte ihn sich so, dass er ihr gegenüber stand.
„Robert, da Liege. Du legst dich jetzt schlafen!“
Automatisch stoppte der Kapitän sein Hüpfen und folgte mit seinem Kopf ihrem Fingerzeig.
Dann legte er sich auf die befohlene Liege und fiel in sich zusammen.
Seine Vorgesetzte massierte sich ihre Schläfen und bewegte sich auf die Gegensprechanlage zu.
Auch sie tippte die Kombination für die Brücke, nur meldete sie sich etwas anders.
„Er liegt dann jetzt, bringe ihn zum schlafen.“
Wieder antwortete die unbekannte Stimme.
„Wie lange hat er diesmal durch gehalten?“
„Schlag mich tot, mindestens drei Tage.“
„Wahrscheinlich wollte er seinen eigenen kleinen Rekord brechen.“
„Bestimmt. Zeitscheiße, wie schlimm?“
„Es ist Raumzeitscheiße und frag doch bitte Sonja.“
„Kein Bock. Gib mal ne Dauer und wann ist Thomas mit dem Wodka da?
„Freu dich. Fünf bis sieben Monate. Sofort bis gleich.“
„Spasibo“
Damit war die Unterhaltung beendet.
Mit einem gekonnten tänzerischen Schritt ließ sich seine Vorgesetzte neben den Kapitän auf die Pritsche fallen und strich ihm sanft durch sein Haar.
Mikel wusste nicht was er von der ganzen Sache halten sollte.
Ruhig und verlässlich pulsierte sein gebrochenes Bein unter den Netzen des verhassten Spinnendoktors.
Er wollte nichts mit einem hüpfenden Kapitän zu tun haben.
Geschweige denn mit irgendwelchen Verzerrungen von Zeit und Raum.
In seinem Vertrag war klar und deutlich beschrieben, dass er für drei Monate Dienst schieben würde und dann hatte sich diese ganze Sache mit der Raumfahrt erledigt.
Das war von Anfang an als eine einfache Zustellung von Frachtgütern geplant.
Das stand so im Vertrag.
Und der Vertrag hatte eingehalten zu werden.

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