Tom und Lucas machten
nicht gerade den Eindruck als ob sie sich dafür interessieren würden, viel eher
sahen sie so aus als ob sie mal wieder vor der Stunde einen gekifft hatte. Viel
interessanter war aber warum Lucas seinem Nachbarn nicht sagte, dass er in ihn
verknallt war. So wie er ihn anschmachtete war das kaum zu übersehen.
Niklas, der am Tisch neben
ihr saß schaute immer wieder in ihre Richtung und lächelte ihr auch ab und zu
entgegen. Nicht irgendein Lächeln, sondern die Art Lächeln mit dem Unterton,
dass man jemanden toll fand.
Das hatte ihr gerade noch
gefehlt. Ein Verehrer.
Frau Bluhm sah müde aus.
Vielleicht auch traurig. Unter ihren Augen waren leichte aber deutliche
Anzeichen von Tränensäcken zu sehen. Kleine zarte Äderchen zogen sich gerötet
durch ihr Eiweiß und umrandeten damit gemeinsam die heute blassblaue Iris. Die
Stimme des Lehrkörpers, der eigentlich immer wieder das selbe sagte und so tat
als ob das Buch was sie lesen mussten etwas besonderes war, formte zwar Wörter
aber es hörte sich monoton und einschläfernd an. Eigentlich war es nur ein
einziger langgezogener Ton, der ab und zu eine Pause machte.
Katja hatte ihre Regel
genau wie sie und machte wahrscheinlich deshalb so ein verdrossenes Gesicht. Es
war wahrlich keine Freude einmal im Monat zwischen den Beinen zu bluten. Sie
kannte den Geruch mittlerweile sehr gut, aber so deutlich hatte sie ihn noch
nie wahrgenommen. Geradezu aufdringlich bohrte er sich in seine Nase. Das
Mädchen konnte einem wirklich leidtun.
Sie war in einem weiß
glühenden Raum in dessen Mitte ein schwarzes Licht pulsierte. Ein Wasserhahn
tropfte einen Takt zu dem die Heizung die Melodie summte. Dann kam ein Erdbeben.
Jemand rüttelte sie
heftig, es war Frau Bluhm die sie abschätzig ansah.
„Guten Morgen“, kam es
scharf von der Lehrerin. „Toleranz und Verständigung halten wir also für
einschläfernd.“
Ich kann dich auch nicht leiden, fuhr es ihr durch den Kopf. Der Block ging noch
zwanzig Minuten. Dann waren sie erst einmal erlöst und konnten sich in die
Mittagspause begeben.
Frau Bluhm konnte es
sich nicht verkneifen dramatisch zum Abschied zu sagen: „Denkt daran, Wir sind keine
Klempner. Wir haben es hier mit deutscher Dichtkunst zu tun. Man kann doch
nicht Gedichte bemessen wie eine Hitliste. »Oh, ich find Lessing echt toll, ich
geb' ihm neun von zehn Punkten, auch wenn man nicht danach tanzen kann.«"
Vielleicht wollte sie
witzig sein, aber das war den Schülern egal. Hitliste sagte niemand mehr.
In der Mensa saßen gerade
43 andere Schüler als sie hineinkam. Da allgemeine Stimmung war eher unruhig,
da Montag war und sich jeder etwas vom Wochenende zu erzählen hatte. Hier und
da gab es ein verschwörerisches Getuschel.
Es gab Semmelknödel mit
Blaubeerensoße. Das war schon sonst nicht gerade ihre Lieblingsspeise, aber
jetzt war der Gedanke sich pappige Kugeln mit einer ekelhaft chemisch
schmeckenden Soße in den Mund zu stopfen geradezu ekelerregend. Sie trank einen
Schluck aus der nun schon halbvollen Colaflasche und fing missmutig an das
verachtete Mahl zu verspeisen.
Der Nachteil einer Pause
war, dass man nicht allein sein konnte, selbst die sogenannten Einzelgänger
bildeten ihre eigenen kleinen Grüppchen. So kam es dann, dass sie mit Andrea
und Roberta an einem Tisch saß.
„Weiß jemand was mit Lydia
los ist? Ich habe sie den ganzen Tag nicht gesehen.“, fragte die Möchtegern
Cheerleaderin.
Ein heißer Ball bildete
sich in ihrem Magen, der nichts mit ihren Monatsbeschwerden zu tun hatte. Lydia
war mit auf der Party gewesen. Hatte sich der Typ noch ein anderes Opfer
gesucht und war weiter gegangen als bei ihr? Lag Lydia jetzt vielleicht tot irgendwo
im Wald und niemand fand sie?
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