Freitag, 6. Januar 2012

Launing Kapitel 5/1

Montag

Nichts war anstrengender als eine Nacht ohne richtigen Schlaf. Egal wie es ihr ging, egal welche Krankheit sie auch hatte, wenn sie sich hinlegte und schlief, dann tankte sie wieder Kraft und Energie.
Diese Nacht war eher ein dahindämmern gewesen, wobei sie sich immer wieder herum wälzte doch jede Position die sie zum schlafen probierte war unbequem. Es war als ob sich Körper und Geist uneinig darüber waren ob es nun Zeit war zu schlafen oder nicht. Am schlimmsten waren die Phasen wo sie wach die Decke anstarrte und sich allen möglichen Gedankengängen hingab die sich um alles Mögliche drehten, sei es nun die Farbe der Decke selber, arme überfahrene Igel auf der Autobahn, ihre erste Freundin in der Grundschule zu der sie überhaupt keinen Kontakt mehr hatte oder die Formeln aus dem Chemieunterricht. Nathan der Weise kam auch ab und zu hoch, aber der wurde aus Prinzip unterdrückt.
Sie wollte schlafen. Sie wollte träumen. Aktiv träumen und bestimmen was als nächstes geschah, doch ihr Körper ließ sie nicht. Es fühlte sich an als ob er voll war mit Energie doch war es nicht möglich diese abzubauen. Eine Stunde nach Mitternacht fing sie damit an Liegestütze und Rumpfbeuge zu machen. Erst zehn, dann zwanzig, irgendwann vierzig. Immer wieder in der Hoffnung, dass sie danach ausgelaugt einschlafen würde.
Erst als es schon fast fünf war fiel sie in eine traumlose Dunkelheit, aus der sie von ihrem Vater eine knappe Stunde später wieder herausgerissen wurde. Unter der Dusche, die ohne weitere Umschweife aufgesucht wurde ließ sie sich ihre Möglichkeiten durch den Kopf gehen. Entweder sie ging zur Schule oder zum Arzt und ließ sich krankschreiben. Natürlich war die Idee mit dem Arzt verführerisch, aber dann wäre sie die meiste Zeit alleine zuhause und müsste sich die Zeit und unangenehme Gedanken vertreiben.
Da schien die Schule keine so schlechte Idee zu sein. Routiniert wurde zuerst die Dusche und dann die Küche aufgesucht. Dort stopfte sie sich fünf Wurstbrote hintereinander in den Mund um das nagende Hungergefühl zu stillen. Satt konnte sie ihren Zustand nicht nennen, es fühlte sich eher so an als ob sie sich wie der Wolf im Märchen Steine in den Bauch gepackt hatte. Der Hunger blieb. Alle Versuche der Eltern sie dazu zu überreden zum Arzt zu gehen wurden abgewehrt.
Ihr Vater hatte heute Spätschicht und bot sich an die Kinder des Hauses zu fahren, die Idee mit dem  Fahrrad zu fahren wurde gar nicht erst in Erwägung gezogen, denn so konnte sie noch übermüdet wie sie war noch etwas vor sich hin dämmern. An der Tankstelle kaufte er ihr noch eine große Flasche Cola.
„Wenn du schon unbedingt zur Schule willst, brauchst du etwas was dich wachhält.“
Maxi warf ihr über den Rückspiegel einen skeptischen Blick zu: „Du hättest heute zu Hause bleiben können. Warum sitzt du hier im Auto?“
„Weil in zwei Wochen die Klausuren anfangen, weshalb jetzt die Lehrer noch mal alles durchgehen was rankommen kann.“
Darauf kamen keine Einwände. Es klang ja auch logisch. Pflichtbewusstsein konnte man also auch als Ausrede benutzen.
Wie um ihre Stimmung noch zu verdüstern war das erste Fach was auf dem Plan stand Deutsch. Drei volle Stunden. Das leere Völlegefühl war schon wieder abgeebbt und nun musste sie sich hungrig irgendeinen Mist über Gotthold Ephraim Lessings Theaterstück Nathan der Weise anhören, welches am 14. April 1783 uraufgeführt wurde und mit seiner Ringparabel einen Schlüsseltext der Aufklärung lieferte und die Tolleranzidee ziemlich auf den Punkt brachte. Vollkommen unmöglich dem zu folgen und sich das auch noch zu merken.

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