Donnerstag, 14. Januar 2016

Pfleg dir deinen inneren Snob


Kaffe oder Tee?
Tee.
Schwarz, Rohbusch oder Kräuter?
Rohbusch.
Pur, Vanille oder Sahne – Karamell?
Karamell klingt gut.
Zitrone oder Limette?
Äh... Zitrone
Honig, Zucker oder Sirup?
KAFFEE, SCHWARZ, EIN STÜCK ZUCKER!
Kandis oder normalen Zucker?
Exemplarischer Besuch bei mir.

Das Erfolgsrezept von Geschäften wie Starbuck liegt darin, dass entscheidungsschwache Menschen drei Entscheidungen mit einem Satz wie „Ein koffeinfreier Latte mit extra Zucker“ fällen können.
Tom Hanks „You've got Mail“

Eine Begleiterscheinung, die komplett an mir vorbei gegangen ist, ist die Nachlässigkeit beim Essen.
Ein Beispiel, das mir besonders im Kopf geblieben ist, ist von einem Mann, der eines nachts mit einem unglaublichen Hunger aufgewacht ist und in seinem Kühlschrank nur noch eine vergammelte Zwiebel vorgefunden hat.
Andere erzählen davon, wie sehr sie es genießen sich wieder richtig Essen zuzubereiten.
Das mag jetzt wie eine Nebensache erscheinen, aber es ist Teil eines größeren Themas.
Selbstachtung. Selbstbewusstsein. Eigensinn.
Die Fähigkeit auf sich selber aufzupassen und sich selber versorgen.
Der Verfall der eigenen kulinarischen Sitten ist ein Zeichen dafür, dass die Selbstfürsorge ebenso verfällt.
Essen hält Leib und Seele zusammen, diesen Spruch haben wir alle schon mal gehört.
Seinen Wahrheitsgehalt können aber nur die erfassen, die auf diese eigentliche grundlegende Tätigkeit nicht genügend Achtsamkeit gelegt haben.
Ich falle da also raus.
Oft genug wurde in meinem Freundes- und Bekanntenkreis Scherze gemacht über meine anscheinend kreative Art und Weise mir mein Brot zu belegen. Also eine Form von Frischkäse, darauf dann gelber Käse (bei mir mit Vorliebe Tilsiter), darauf Pflaumenmus, darauf Lachsschinken, darauf dünn Meerrettich, zum Abschluss kommt noch eine Scheibe Gurke rauf und fertig ist die Köstlichkeit. Als Frischkäse ist bei mir gerade die Senf/Honig – Variante von BUKO hoch im Kurs.
Wenn ich gerade eine vegetarische Phase habe, dann kaufe ich mir nicht irgendwas aus gehärteten Soja – Öl, sondern mache mir die Bratlinge selber. Man püriert das was man haben will und presst den Saft aus. Dann bildet man mit genügend Mehl einen Teig daraus und formt sich die gewünschten Bratlinge, um sie dann in der Pfanne zuzubereiten. Meine Lieblingsvariante ist Apfel – Möhre, aromatisiert mit Cola – Kraut, Pfefferminze und Salbei. Der ausgepresste Saft kann mit ein paar Spritzern Zitrone zu einem leckeren ACE – Saft aufgerüstet werden.
Ich rate hier vom frittieren ab, da dadurch der Geschmack verloren geht und ich mir durch das spritzende Öl eine ansehnliche Wunde am Bein zugezogen hatte, die in der Klinik für eine Bisswunde gehalten wurde.
In der Klinik hatte ich nach zwei Wochen neben einem ansehnlichen Vorrat an Obst auch vier Sorten Tee in meinem Vorrat und fragte bei jedem Frühstück brav an der Essensausgabe, ob ich denn bitte ein paar Portionen Honig extra haben könnte um mir meinen Tee zu verfeinern.
Das mögen jetzt lauter kleine Eigenheiten sein, welche die kulinarischen Vorlieben angeht, aber an der Art wie sich jemand ernährt, kann man sehr gut ablesen wie wichtig man sich selber ist und tief in meinem inneren bin ich ein experimentierfreudiger Exzentriker.
Sicher kann man mal eine Nudelwoche einlegen oder sich nur von Kartoffeln ernähren, aber wenn das zur Regel wird, dann stumpfen die Geschmacksknospen ab.
Der Mund gehört zusammen mit der Zunge den erogenen Zonen des Körpers und so beweglich wie man in der Küche ist, so beweglich ist man auch im Kopf.
Ich habe eigentlich schon lange keine Küche mehr, sondern ein Labor in dem ich wie ein wahnsinniger Wissenschaftler schalte und walte.
So war der erste Schritt nach der klinischen Versorgung die eigene Küche wieder mit Material aufzufüllen. Das war keine bewusste Entscheidung, vielmehr war es ein Automatismus. Um nicht zu exzessiv beim Einkaufen zu verfahren, halte ich mich an eine knallharte dreier Regel: drei Sorten schwarzer Tee, drei Sorten Kräutertee, drei mal Wurst und Käse, drei mal Obst und Gemüse und so weiter und so fort, dazu noch ein paar kleine Extras.
Mir wird immer wieder gesagt, dass ich schnell geschaltet habe und ich denke diese Einstellung ist einer der unbewussten Gründe dafür.
Das ist ein gesunder Anteil von mir, den es zu pflegen gilt.

Und wenn ich doch einmal auf der Straße landen sollte, dann bin ich der Penner mit dem indischen Chai mit braunem Kandis und Limette.

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