Dienstag, 19. Januar 2016

Die Sache mit der Eiskönigin II

Dazu hatte sich an diesem Tage die Sonne dazu entschlossen einen Hitzerekord aufzustellen, was die Hornviecher von Lehrer natürlich nicht auf die Idee brachte uns verkürzten Unterricht zu geben, denn „Sowas entscheidet das Schulamt und nicht wir einfachen Beamten.“
Und jedes Mal wenn wir endlich einen dieser trüben Lehrkörper dazu veranlassen konnten ein Fenster zu öffnen jammerte die blonde Gabi von der Fensterbank „Der Luftzug ist schlecht für mein Asthma.“, nur um darauf in sich hinein zu grinsen, sobald sich ihr der Rücken des Lehrers zuwandte. Als Dank bekam sie nach jeder Pause neue blaue Flecken vom Beine stellen, was sie nicht davon abhielt weiter herum zu jaulen. Auf die Schliche kam uns keiner, schließlich waren wir Profis und wussten wie jemand zufällig hinfallen musste.
Und jetzt musste ich auch noch meiner blöden Mutter beim Einkauf helfen, nur weil ich als erster Schulschluss hatte.
Ich wollte verdammt noch mal Schokolade. Und nicht irgendwelche Schokolade, nein, es gefälligst die Art von weiß – brauner Köstlichkeit zu sein, die in ovaler Form ein geheimes Spielzeug umgab.
Das hatte ich mir nach diesem Scheißtag, verdammt nochmal verdient.
Ich fing strategisch ganz langsam an.
„Mama,“ wichtig war hier das lang gezogene A und ein subtil unterwürfiger Ton „kaufst du mir ein Überraschungsei?“
Wie aufs Stichwort wurde der Einkaufzettel, den meine Mutter die ganze Zeit locker in der Hand gehalten hatte viel interessanter als alles andere in der Welt und wurde von meiner Mutter mit einer Akribie studiert, als handle es sich dabei um die Karte zum verloren geglaubten Bernsteinzimmer.
Was folgte war ein genauestens einstudierter Ablauf von Argumenten, von dem ich überzeugt war, dass ihn meine Eltern heimlich in der Nacht probten, so routiniert brachten beide ihn vor.
„Hast du dir das denn auch verdient?“
„Wir haben heute drei Tests geschrieben.“
„Aber die Ergebnisse hast du noch nicht.“
„Aber die waren ganz schwer.“
„Soll ich dir jetzt bei jeder Schwierigkeit was Süßes kaufen, dann ist das ja gar nichts Besonderes mehr.“
„Ich brauche eine kleine Aufmunterung nach so einem schweren Tag.“
Ich war taktisch und argumentatorisch in einer Sackgasse angekommen und versuchte es nun mit einem sonst recht zuverlässigen Druckmittel: Mitleid.
„Dafür reicht das Geld nicht.“
„Es kostet doch bloß ein Euro.“
„Den brauchen wir für Toastbrot und Gurke.“
„Du hast doch immer das Restgeld in deiner kleinen rechten Hosentasche.“
„Das sparen wir für harte Zeiten.“
„Gar nicht war, das ist dein Kaffegeld für deine Arbeit.“
Hier war ganz klar ein strategischer Fehler meinerseits, wollte ich doch meiner Mutter die Zahlmittel für ihr kleines Extra am Tag streitig machen und bezichtigte sie andererseits ungerechtfertigt der Lüge, was eine Kardinalssünde ihr gegenüber war.
Es war nur eine Frage der Zeit bis die Situation eskalierte.
„Wie gesagt, das sparen wir für harte Zeiten.“
„Du hast mich gar nicht mehr lieb.“
„Wir brauchen noch Obst.“
„Ich will EIN ÜBERRASCHUNGS…“
Bei EI war ich dann auf dem Boden und meine Mutter schon längst beim Obst.

Ich hielt mich nicht lange auf, gestand mir selber meine Niederlage ein, begab mich wieder auf meine Beine und zog grummelnd zur Kasse um dort auf meine hartherzige Erzeugerin zu warten.

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