Montag, 20. September 2010

Eristik die Kunst immer recht zu haben Teil 3

Kunstgriff 16 (Schikane herausklauben)
Argumenta ad hominem oder ex concessis: Bei einer Behauptung des Gegners müssen wir suchen, ob sie nicht etwa irgendwie, nötigenfalls auch nur scheinbar, im Widerspruch steht mit irgend etwas, was er früher gesagt oder zugegeben hat, oder mit den Satzungen einer Schule oder Sekte, die er gelobt und gebilligt hat, oder mit dem Tun der Anhänger dieser Sekte, oder auch nur der unechten und scheinbaren Anhänger, oder mit seinem eignen Tun und Lassen. Verteidigt er z. B. den Selbstmord, so schreit man gleich »warum hängst du dich nicht auf?« Oder er behauptet z. B., Berlin sei ein unangenehmer Aufenthalt: gleich schreit man: »warum fährst du nicht gleich mit der ersten Schnellpost ab?«
Es wird sich doch irgendwie eine Schikane herausklauben lassen.
   Kurz: Prüfen, ob die Behauptung des Gegners mit etwas im Widerspruch steht, was er früher gesagt oder zugegeben hat oder mit den Satzungen einer von ihm vertretenen Schule oder Sekte usw. zu tun hat. Es wird sich doch irgend eine Schikane herausklauben lassen.

Kunstgriff 17 (feine Unterscheidung)
Wenn der Gegner uns durch einen Gegenbeweis bedrängt, so werden wir uns oft retten können durch eine feine Unterscheidung, an die wir früher freilich nicht gedacht haben, wenn die Sache irgend eine doppelte Bedeutung oder einen doppelten Fall zuläßt.

Beispiel
1): Die Begriffe des Gegners von Anfang an schnell notieren und später differenzieren und wieder aufgreifen, um dann damit zur rechten Zeit anzugreifen (Nur der Dumme sagt zu jeder Zeit Dinge, die andere nur zur rechten Zeit sagen).

Kunstgriff 18 (Disputation unterbrechen)
Merken wir, daß der Gegner eine Argumentation ergriffen hat, mit der er uns schlagen wird, so müssen wir es nicht bis dahin kommen lassen, ihn eine solche nicht zu Ende führen lassen, sondern sollten beizeiten den Gang der Disputation unterbrechen, abspringen oder ablenken und auf andre Sätze führen: kurz eine mutatio controversiae zu Wege bringen (siehe hierzu Kunstgriff 29.)
   Kurz: Wenn wir merken, daß der Gegner uns schlagen wird, die Disputation unterbrechen, abspringen, ablenken, auf andere Sätze führen.


Kunstgriff 19 (Argumente ins Allgemeine spielen)
Fordert der Gegner uns ausdrücklich auf, gegen irgend einen bestimmten Punkt seiner Behauptung etwas vorzubringen, wir haben aber nichts rechtes, so müssen wir die Sache recht ins Allgemeine spielen und dann gegen dieses reden. Sollten wir z.B. zugestehen, warum einer bestimmten physikalischen Hypothese nicht zu trauen ist: so reden wir über die Trüglichkeit des menschlichen Wissens und erläutern sie anhand von allen möglichen Behauptungen des sogenannten allgemeinen Wissens.

Beispiel
1): Reden Sie z.B. ausführlich von der Kompliziertheit des Vertrags- oder des Finanzwesens.

Kunstgriff 20 (den Schluß selber ziehen)
Wenn wir ihm die Vordersätze abgefragt haben und er sie zugegeben hat, so sollten wir den Schluß daraus nicht etwa auch noch fragen, sondern gradezu selbst ziehn. Ja sogar wenn von den Vordersätzen noch einer oder der andere fehlt, so nehmen wir ihn doch als gleichfalls eingeräumt an und ziehen selber den Schluß daraus (welches dann eine Anwendung der fallacia non causae ut causae ist).

Beispiel
1): Wenn ein Gegner die Voraussetzungen akzeptiert hat, fragen Sie ihn nicht nach der Akzeptanz der Schlußfolgerungen sondern unterstellen Sie ihm, daß er dadurch die Schlußfolgerungen ebenso akzeptiert hat. Sagen Sie ihm das aber nur ganz knapp kurz vor Unterzeichnung des Vertrages.

Kunstgriff 21 (immer ein Argumentum ad hominem zurückgeben)
Bei einem bloß scheinbaren oder sophistischen Argument des Gegners, welches wir durchschauen, könnten wir es zwar auflösen durch Auseinandersetzung seiner Verfänglichkeit und Scheinbarkeit; allein, es ist besser, ihm mit einem ebenso scheinbaren und sophistischen Gegenargument zu begegnen und ihn so abzufertigen. Denn es kommt ja nicht auf die Wahrheit, sondern nur auf den Sieg vor dem Publikum an. Gibt er z.B. ein argumentum ad hominem, so ist es hinreichend, es durch ein Gegenargument ad hominem (ex concessis) zu entkräften. Und überhaupt ist es kürzer, statt einer langen Auseinandersetzung der wahren Beschaffenheit der Sache, ein argumentum ad hominem zu geben, wenn es sich irgendwie darbietet.

Beispiel
1):
»...dann müßten wir eine andere Kostenkategorie zugrundelegen und das wäre sehr zum Nachteil Ihres Klienten...«
»...Sie möchten doch mit einer möglichst geringen finanziellen Belastung aus diesem Vertrag herausgehen bzw. diesen Vertrag schließen...«

Kunstgriff 22 (Argument als Satz vom zureichenden Grund ausgeben)
Fordert der Gegner, daß wir etwas zugeben, woraus das in Streit stehende Problem unmittelbar folgen würde, so lehnen wir es ab, indem wir es für eine petitio principii (hier: Satz vom zureichenden Grund) ausgeben (meint: Die Begründung ist völlig ausreichend), denn er und die Zuhörer werden einen dem Problem nahe verwandten Satz leicht als mit dem Problem identisch ansehen: und so entziehn wir ihm sein bestes Argument.
   braucht keine weitere Erklärung


Kunstgriff 23 (den Gegner zur Übertreibung reizen)
Der Widerspruch und der Streit reizt zur Übertreibung der Behauptung. Wir können also den Gegner durch Widerspruch reizen, eine an sich und in gehöriger Einschränkung allenfalls wahre Behauptung über die a href="wharheit.htm" target="_self">Wahrheit hinaus zu steigern. Und wenn wir nun diese Übertreibung widerlegt haben, so sieht es aus, als hätten wir auch seinen ursprünglichen Satz widerlegt. Dagegen haben wir selbst uns zu hüten, nicht uns durch Widerspruch zur Übertreibung oder weitern Ausdehnung unsers Satzes verleiten zu lassen. Oft auch wird der Gegner selbst unmittelbar versuchen, unsre Behauptung weiter auszudehnen, als wir sie gestellt haben: dem müssen wir dann gleich Einhalt gebieten und ihn auf die Grenzlinie unsrer Behauptung zurückführen mit »so viel habe ich gesagt und nicht mehr«.

Beispiel
1): Übertreibungen sind Worte wie „Peanuts“ - „...Objekt in die Verwertung treiben, um diese selbst zu nutzen“ - „Sachbearbeiter haben persönliches Interesse am zu verwertenden Sicherungsgut“ - „das Interesse der Konkurrenz des Gegners vertreten“ usw.
Antworten Sie mit »So viel habe ich gesagt und nicht mehr«
   Kurz: Den Gegner durch Widerspruch und Streit zur Übertreibung reizen und dann die Übertreibung widerlegen. - Will uns der Gegner jedoch zur Übertreibung reizen, dann sage: Soviel habe ich gesagt und nicht mehr.


Kunstgriff 23 (den Gegner zur Übertreibung reizen)
Der Widerspruch und der Streit reizt zur Übertreibung der Behauptung. Wir können also den Gegner durch Widerspruch reizen, eine an sich und in gehöriger Einschränkung allenfalls wahre Behauptung über die a href="wharheit.htm" target="_self">Wahrheit hinaus zu steigern. Und wenn wir nun diese Übertreibung widerlegt haben, so sieht es aus, als hätten wir auch seinen ursprünglichen Satz widerlegt. Dagegen haben wir selbst uns zu hüten, nicht uns durch Widerspruch zur Übertreibung oder weitern Ausdehnung unsers Satzes verleiten zu lassen. Oft auch wird der Gegner selbst unmittelbar versuchen, unsre Behauptung weiter auszudehnen, als wir sie gestellt haben: dem müssen wir dann gleich Einhalt gebieten und ihn auf die Grenzlinie unsrer Behauptung zurückführen mit »so viel habe ich gesagt und nicht mehr«.

Beispiel
1): Übertreibungen sind Worte wie „Peanuts“ - „...Objekt in die Verwertung treiben, um diese selbst zu nutzen“ - „Sachbearbeiter haben persönliches Interesse am zu verwertenden Sicherungsgut“ - „das Interesse der Konkurrenz des Gegners vertreten“ usw.
Antworten Sie mit »So viel habe ich gesagt und nicht mehr«
   Kurz: Den Gegner durch Widerspruch und Streit zur Übertreibung reizen und dann die Übertreibung widerlegen. - Will uns der Gegner jedoch zur Übertreibung reizen, dann sage: Soviel habe ich gesagt und nicht mehr.

Kunstgriff 25 (Apagoge durch eine Instanz)
Er betrifft die Apagoge durch eine Instanz, exemplum in contrarium. Die epagwgh, inductio bedarf einer großen Menge Fälle, um ihren allgemeinen Satz aufzustellen; die apagwgh braucht nur einen einzigen Fall aufzustellen, zu dem der Satz nicht paßt, und er ist umgeworfen: ein solcher Fall heißt Instanz, enstasiV, exemplum in contrarium, instantia. Z. B. der Satz: »alle Wiederkäuer sind gehörnt« wird umgestoßen durch die einzige Instanz der Kamele. Die Instanz ist ein Fall der Anwendung der allgemeinen Wahrheit, etwas unter den Hauptbegriff derselben zu subsumierendes, davon aber jene a href="wharheit.htm" target="_self">Wahrheit nicht gilt, und dadurch ganz umgestoßen wird. Allein dabei können Täuschungen vorgehn; wir haben also bei Instanzen, die der Gegner macht, folgendes zu beachten:
1.   ob das Beispiel auch wirklich wahr ist: es gibt Probleme, deren einzig wahre Lösung die ist, daß der Fall nicht wahr ist: z.B. viele Wunder, Geistergeschichten usw.
2.   ob es auch wirklich unter den Begriff der aufgestellten a href="wharheit.htm" target="_self">Wahrheit gehört: das ist oft nur scheinbar und durch eine scharfe Distinktion zu lösen
3.   ob es auch wirklich in Widerspruch steht mit der aufgestellten Wahrheit: auch dies ist oft nur scheinbar.
   Kurz: Falsche Instanz, falsches exemplum in contrarium. Bei Instanzen, die der Gegner macht, beachten:
1.   Ist das Beispiel wirklich wahr?
2.   gehört es wirklich unter den Begriff der aufgestellten Wahrheit?
3.   steht das Beispiel wirklich im Widerspruch mit der aufgestellten Wahrheit?
4.   All dies ist oft nur scheinbar.
Beispiel1): „Die Sparkasse ist kein Finanzhai sondern wie die Forelle unter den Fischen“ (wie in der obigen Instanz das Kamel bei den Widerkäuern)

Kunstgriff 26 (Spieß umdrehen zu einem Gerade-Weil-Argument)
Ein brillianter Streich ist die retorsio argumenti: wenn das Argument, das er für sich gebrauchen will, besser gegen ihn gebraucht werden kann und wenn er z.B. sagt: »es ist ein Kind, man muß ihm was zu gute halten«, dann benutze man die retorsio (salopp gesagt: Retourkutsche): »eben weil es ein Kind ist, muß man es züchtigen, damit es nicht verhärte in seinen bösen Angewohnheiten«.

Beispiel
1): »Aber er war doch bisher ein guter Kunde von Ihnen«. »Ja richtig, aber gerade daß er auch weiterhin ein guter Kunde bleibt müssen wir ihm die richtigen Voraussetzungen dafür schaffen.«
   Kurz: Mit einem Retorsio argumenti (Retourkutsche): antworten: mit besseren Gründen den argumentativen Spieß umdrehen zu einem Gerade-Weil-Argument.

Kunstgriff 27 (wenn der Gegner böse wird hat man eine schwache Stelle entdeckt)
Wird bei einem Argument der Gegner unerwartet böse, so muß man dieses Argument eifrig urgieren: nicht bloß weil es gut ist, ihn in Zorn zu versetzen, sondern weil zu vermuten ist, daß man die schwache Seite seines Gedankenganges berührt hat und ihm an dieser Stelle wohl noch mehr anzuhaben ist, als man vor der Hand selber sieht.

Beispiel
1): Der Kunde versteigt sich zu Beleidungen wie „unbotmäßig“ oder „persönliche Bereicherung von Mitarbeitern“, lassen Sie ihn toben und finden Sie dabei heraus, ob er etwa nicht gar parteipolitische Gründe hat, weltanschauliche Gründe, religiöse usw. Dann verwahren Sie sich dagegen: „wir sind völlig überparteiisch“, „wir sind für soziale Gerechtigkeit“ und „für soziale Marktwirtschaft“ usw., lassen Sie sich was einfallen, bleiben Sie dabei aber wahrhaftig. Ihr Maßstab ist letztendlich Ihr eigenes Gewissen. Dann nageln Sie Ihren Gegner fest, wo seine Gründe nicht objektiv sind und ob er sich vielleicht aus falschen Gründen wehrt bzw. aus Gründen, die mit dem Vertrag gar nichts zu tun haben.
[Im Umkehrfall
vgl. dazu 8: „Denke schnell, rede langsam, zürne nie.“]


DA HÄNG KLOTZ
die ersten anderthalb Jahre

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