Dienstag, 29. Oktober 2013

Im Ring des Grauens: Klingelingeling

„Weiter!“
Während sie ihre Befehle bellte, spuckte sie immer wieder etwas von ihrer dunklen Spucke gegen ihre Atemmaske.
Egal wie sehr sie sich bemühte, es landeten immer wieder Tropfen an die Scheiben, die vor langer Zeit mal blank und durchlässig waren.
Sie konnte sich nicht daran erinnern jemals eine neue Atemmaske gesehen zu haben.
Die, die sie jetzt trug war dumpf und von einem dreckigen Grün.
Nichts an oder in diesem Schiff war neu.
Die allgegenwärtigen Farben waren Grau, Braun, Schwarz und Grün, in allen möglichen dreckigen Abstufungen.
Die Einzige Abwechslung waren die Signallichter an den Displays und Tabulatur, mit ihrem blassen Blau, Rot, Gelb und Weiß und auch sie hatten ebenfalls diese allgegenwärtige, verbrauchte, dreckige Ausstrahlung.
Unter der Mannschaft hielt sich hartnäckig die Meinung, dass Anton nur vom Schweiß, Blut und Spucke seiner Passagiere zusammengehalten wurde.
Wenn es einmal zu einer alles umfassenden Grundreinigung kommen sollte, dann würde das Schiff wahrscheinlich einfach in seine Einzelteile auseinander fallen.
Später würde sich ihre ganze dicke, braune Spucke an den Rändern ihrer Atemmaske mit ihrer Haut verklebt haben und wenn sie sich dieses elende Teil aus Plaste und Glas von ihrem Kinn ziehen würde, müsste sie aufpassen, dass sie sich keine Haut abriss.
Wenigstens hatte sie noch etwas Haut, die sie abreißen konnte.
Am Ende würde ihr ganzes Kinn wieder einen Notfallbart haben.
Daran erkannte man die geübten Raumfahrer.
Wer kaute das Kraut und wer beklagte sich andauernd über Kopfschmerzen oder Ohrensausen.
Einen beständigen Druck gab es nicht.
Die Hülle von Anton mochte noch so dick und stabil sein, unter dem andauernden Beschuss von jeder erdenklichen Strahlung hier draußen und den sich immer wieder ändernden Temperaturen im Außenbereich, war an einen konstanten Druckzustand nicht zu denken.
Sie konnten von Glück sagen, dass die Hülle beim Eintritt nicht wie eine Eierschale auseinander gebrochen war.
Das bisschen Nasenbluten, was sie von dem rapiden Druckaufbau bekam, war leicht zu verschmerzen im Vergleich zu dem, was hätte passieren können.
Sie tadelte sich augenblicklich für ihren vermessenen Gedanken.
In ihrem Geschäft gab es kein Glück.
Es gab Wachsamkeit und Gründlichkeit, die das Überleben sicherten.
Nachlässigkeit und Schlampereien wurden mit der ultimativen Strafe belegt.
Diejenigen, die an das Glück glaubten holte die ewige Nacht.
Wieder jagten sie den Dampf durch die Gänge.
Ihre Hände krabbelten unermüdlich die Wände hoch und runter und verrichteten ihre Arbeit.
Von ihrer Hüfte ertönte ein forderndes Brummen, welches sie gekonnt ignorierte.
Es würde noch zwei weitere Male brummen, dann würde sich automatisch der Kommunikator einschalten und dann würde sie Garfield darüber informieren, dass es ein Treffen der Führungsoffiziere gab.
Ihre Augen fokussierten surrend den Dampf und hielten nach unwillkommenen Wirbeln Ausschau.
Hinter ihr überprüften ihre Untergebenen noch einmal zur Sicherheit alle Oberflächen per Hand.
Als wieder keine Wirbel kamen, zogen sie weiter.
Ein weiteres Mal brummte es an ihrer Hüfte.
Meter um Meter, Abteilung für Abteilung rückten sie vor.
Nebel rein in die Flure, abwarten, Überprüfung per Hand, weiterziehen.
Hin und wieder trafen Zwischenmeldungen von den anderen Decks ein, um ihr Bericht zu erstatten.
Bis jetzt sah alles gut aus.
Bis jetzt.
Hier draußen sollte man sich nie zu sicher sein.
Ein letztes Mal brummte es an ihrer Hüfte.
Sobald das Brummen nachließ, schaltete sich ihr Kommunikator ein.
„Ich hoffe , ich störe nicht,“ meldete sich der immer höfliche Kater Garfield.
„Nicht mehr als sonst.“
Sie hatte es sich an gewohnt immer ihre Meinung zu sagen.
„Mit ihrem Texter ist hoffentlich alles in Ordnung?“
„Die Wände waren wichtiger.“
„Verstehe, verstehe. Kommen sie bitte unverzüglich in die Kantine.“
Damit war das Gespräch beendet.
Mürrisch übergab sie das Kommando dem zweiten Maat und tat wie ihr geheißen.
Auf dem Weg zur Kantine wanderten ihre Gedanken in die Vergangenheit.

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