Donnerstag, 15. Juli 2010

Interview Ingo Volkmer


Wie lange bist du schon Schauspieler?

Ich bin ja eigentlich Sänger. Ich habe eine klassische Gesangsausbildung an der Hochschule für Musik Hans Eisler in Berlin absolviert. Da hatte ich auch Schauspielunterricht, aber nicht so intensiv wie musikalische Fächer, also ich hatte Gesang, Klavier, Interpretation, Ensemblesingen, Gehörbildung, Tonsatz, Jazzdance und klassischen Tanz.
Dazu hatten wir noch viele Fächer die unnütz waren.
Damit meine ich Marxismus/ Leninismus, politische Ökonomie des Sozialismus und diese Fächer waren stundenmäßig mehr vertreten als meine Hauptfächer wie zum Beispiel Gesang, Klavier und auch Schauspiel. Von der medizinischen Seite aus hatten wir dann noch Stimmphysiologie, wo uns der Aufbau der Stimme erklärt wurde und wie man die Atmung einsetzen muss.



Wie bist du zu der Schauspielerei gekommen?

Zuerst einmal dadurch, dass ich bei der Möbelfabrik (der Trägerverein des Schlossplatztheaters Anm. d. Red.) angefangen habe als es noch gar kein Schlossplatztheater gab und dadurch mit Jugendlichen gearbeitet habe, dabei
bin ich von meinem eigentlichen Beruf weggekommen.
Mit dabei war ein befreundeter Schauspieler, Torsten Waligura, mit dem ich dann angefangen habe Schauspiel zu machen.


Also habt ihr euch gesucht und gefunden.

Wir haben eher aus der Not eine Tugend gemacht, und zwar eine schöne!


Was für Unterschiede sind dir aufgefallen zwischen deiner Opernsängerausbildung und dem Theater im allgemeinen?

Ein guter Musikdarsteller sollte ein sehr guter
Schauspieler sein, er kann halt nur mehr, er kann zusätzlich noch gut singen. Ich fand es auch immer blöd, dass die Leute in der Oper nur dastehen und singen, das hat sich heute zum Glück geändert.
Ich hab mir immer wieder Stücke angeschaut und war positiv überrascht, dass die Qualität des Schauspiels im Musiktheater sehr viel besser geworden ist im Vergleich zu früher; nicht nur, dass sie sich bewegen, sondern auch richtig gut spielen.
Das Besondere beim Musiktheater ist, dass die Musik dich zwingt eine Stelle anders zu spielen als ein Schauspieler der nur seinen Text hat. Die Musik ist einfach sehr mächtig. Die zwingt dich Sachen zu machen sei es auf der Bühne oder im richtigen Leben.
Ein ganz simples Beispiel ist: Du sollst über die Bühne gehen, auf deinen Vater zu. Im Schauspiel hast du einen stummen Gang. Stockst. Hältst inne. Überlegst. Gehst weiter. Im Musiktheater hast du z.B. einen ostinaten Rhythmus als Begleitung. Da kannst du nicht jederzeit stehen bleiben,
sondern nur an einer Stelle wo die Musik es zulässt. Das hat Nachteile, aber auch den Vorteil, dass die Musik auf deinen ganzen Körper wirkt und dir somit einen anderen Impuls liefert, der dich dazu bringt nicht über den Kopf sondern über  den Bauch zu reagieren bzw. zu spielen. Man hat also noch eine
Ebene mehr.


Wenn ich dich jetzt auf der Bühne sehe, so hast du in egal welchem Stück, immer eine komische Note am Leib. Ist das gewollt?

Prinzipiell wollen wir hier ein Theater machen, was Komik hat. Manchmal ist dieSituation die, wie zum Beispiel in „Bis Denver“, dass da zwei Personen sind, die sind am unteren Ende angelangt und  wissen nicht mehr weiter.
Trotzdem muss das Publikum lachen. Ich persönlich darf eigentlich nicht komisch sein, sondern die Situation muss komisch sein. Wenn ich komischer als die Situation bin, habe ich schlecht geschauspielert.
Ansonsten bin ich eigentlich sehr gerne lustig und spiele auch im Alltag gerne den Clown.


Warum wollt ihr eher komisches Theater machen?

Weil es uns Spaß macht und weil wir denken,dass Publikum in Köpenick so besser zu begeistern ist. Das liegt daran, dass viele sagen, wenn sie ins Theater gehen, dann in ein großes,möglichst noch in der Stadt.
Die Leute sind aber auch empfänglich für einen inhaltvollen Abend, der aber trotzdem komisch und nicht zu schwer oder dramatisch war. Aus einfach werbetaktischen Gründen haben wir uns für die Komik entschieden, damit sich das herum spricht.
Frei nach dem Motto: Freitag/ Samstag Abend kann man da vorbei kommen und einen lustigen Abend verbringen, der auch einen ernsthaften Hintergrund hat.


Warum macht ihr dann nicht mal ein Kabarett?

Wir wollen kein politisches Theater machen, aber man ist trotz allem nie unpolitisch, da man ja in der heutigen Zeit lebt und dadurch fließen aktuelle Sachen mit ein.


Das nächste Stück in dem du nun spielst sind ja nun die Räuber, was nun wirklich kein leichter Stoff ist. Wie bringt ihr da die Komik mit ein?

Wir haben uns vorgenommen es so ähnlich aufzuziehen wie den fast Faust, denn da ist es ja auch so, dass eine Ernsthaftigkeit in den Szenen vorhanden ist, die direkt vom Faust kommt, die aber durch die Rahmenhandlung aufgelockert wird.
Es ist aber bei den Räubern im Gegensatz zum Faust keine Rahmenhandlung mit dabei, dafür aber auch komische Szenen, trotz allem ist mehr Dramatik drin.So ist in dem Stück zum Beispiel ein Satz mit dabei, der sinngemäß so
lautet: Der arme Mann wird soweit ausgenutzt und ausgezogen bis er dem Teufel in die Arme rennt.
Das hat eine konkrete Aktualität wenn man an die heutige politische Situation und die Teufel in der Seelenbinderstraße, also die NPD denkt.


Was willst du als Schauspieler noch gerne machen?

Obwohl ich eigentlich Komiker bin, möchte ich einmal eine richtig ernste  Rolle spielen. Und dann würde ich noch einmal eine richtige Clownerie machen, von mir aus auch als Straßentheater.


Wie geht eigentlich deine Familie mit deinem Beruf um?

Meine Frau freut sich über meinen Beruf und meine Jungs sind mittlerweile meine besten Kritiker geworden. Generell ist es sehr wichtig in meinem Beruf, dass die Familie einen unterstützt, da mein Beruf sehr viel Zeit in Anspruch nimmt und dadurch nicht so viel Zeit für die Familie übrig bleibt.


Was würdest du den Leuten mit auf den Weg geben die vorhaben mal ein ganz großer Schauspieler zu werden?

Ich würde ihnen auf jeden Fall sagen: Mach das. Es ist schwer in der heutigen Zeit, aber was ist heute nicht schwer. Mach was du willst. Aber gerade für diesen Beruf muss man in der heutigen Zeit Feuer und Flamme sein. Man muss sich bewusst sein, dass man kämpfen und flexibel sein muss. Man
darf keine Familie haben, das gilt besonders für Frauen.


Was kannst du als Schauspieler auf den Tod nicht leiden?

Wenn man keine Haltepunkte setzt und läuft wenn man spricht. Wenn man ungenau spielt, nicht trennt und nicht hält, wenn du bei deiner Handlung nichts denkst. Überhaupt ist das Denken bzw. der Untertext auf der Bühne sehr wichtig, da er deiner Handlung erst Ausdruck verleiht.
Ich kann es auch nicht leiden wenn ein Kollege dir auf der Bühne dir deine Spielideen wegnimmt. Das heißt, du spielst etwas und nach der vierten oder fünften Vorstellung merkst du, dein Mitspieler macht genau dieselbe Bewegung, das selbe Gesicht und du denkst dir, schön jetzt muss ich mir noch
was anderes ausdenken.


Was spornt dich eher an, ein voller oder ein halbleerer Saal?

Als Schauspieler habe ich überhaupt kein Problem damit, wieviel Leute im Publikum sitzen. Ich spiele für jeden. Wenn du auf der Bühne stehst gibst du dein bestes. Ich kenne es unter Kollegen auch nicht anders. Wir haben es erlebt: volle Vorstellung, schlechte Stimmung; leere Vorstellung, spitzen Stimmung.

Ich danke für das Gespräch.



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