Montag, 15. Oktober 2012

Eine unerfreuliche Entwicklung

Wenn ich mich recht erinnere fing es mit den Träumen an.
Ich hatte immer einen sehr ruhigen Schlaf gehabt und erinnerte mich äußerst selten an meine Träume.
So war es mehr als verstörend für mich als ich anfing mich an meine Träume zu erinnern.
Gleichzeitig wurden sie klarer und begannen sich zu wiederholen.
Immer wieder kamen meine Familie und meine Nachbarn darin vor.
Sonderbar war auch, dass ich nie Teil des Geschehens war, sondern schlicht und ergreifend beobachtete.
Ich saß auf einer Wolke und sah wie meine Mutter unermüdlich das Haus putzte, während meine Schwester von Flammen verzehrt wurde.
Mein Vater ertrank in der Badewanne und mein Bruder baute im Sommer einen Schneemann der nicht fertig werden wollte.
Das war verstörend aber alles in allem maximal ein kleines Ärgernis
Als sich ein permanentes Summen in meinem Hinterkopf bemerkbar machte, fing ich an unruhiger zu werden.
Das Summen wurde von Tag zu Tag stärker, bis es sich schließlich als das heraus stellte was es war.
Die Gesamtheit der Gedanken der Menschen die mich umgaben.
Als ich die Wortfetzen die mein Denken verwirrten klar verstehen konnte saß ich Stunden still auf meinem Bett.
Hier war für mich der Punkt erreicht wo mir klar wurde wohin mich die ganze Entwicklung führen würde.
Ich war einer von denen.
Einer dieser sogenannten Begabten.
Nicht etwa jemand mit einem achten Sinn, sondern jemand der zu den zehn Stufen gehörte, die sich zu registrieren hatten.
Entweder bei einer der privaten Organisationen oder bei einer der staatlichen Stellen.
Je nach Religion oder Befindlichkeit konnte man sich aussuchen wer einen trainierte und einsetzte.
Ich wollte nicht dazugehören, nicht zu denen.
Alles was ich wollte war ein einfaches Leben ohne große Unterbrechungen.
Geburt, Schule Arbeit, Tod.
Mein Vater hatte immer wieder versucht mich zu größeren Aufgaben zu treiben, aber es war ihm nie gelungen.
Ich wollte es einfach, klar und ruhig.
Sollten doch andere nach größerem streben.
Ich brauchte keinen Sinn im Leben.
Ich wollte einfach nur sein und genießen.
Pedantisch begann ich mich darüber zu informieren was mein neuer Zustand mit sich bringen würde.
Jedes Buch, jede Dokumentation, jedes Gespräch verfolgte ich aufmerksam und vorsichtig.
Immer wieder kam man auf das Thema des Zusammenbruch zu sprechen.
Damit war der Moment gemeint an dem die ungefilterten Eindrücke auf den untrainierten Geist einbrachen und der oder die Betroffene unter diesem Sturm der Gedanken dann schließlich zusammenbrach.
Um mich vor dieser drohenden Gefahr zu schützen suchte ich regelmäßig kontrolliert verschiedene Plätze auf, die immer gut besucht waren.
Zu einer festen Tageszeit ging ich einkaufen und ließ alle Gedanken aller mich umgebenden Personen auf mich wirken.
Hier lernte ich gleichzeitig,das gesprochene Wort vom gedachten zu unterscheiden.
Das ist sehr nützlich, wenn es zum Beispiel um die Gedanken der Kassiererin geht die einem die Pest an den Hals wünscht, weil man nur mit Kleingeld zahlt.
Am interessantesten waren für mich die Besuche in Bars.
Ich merkte den Alkohol stärker und kam so auf die eine oder andere dumme Idee.
Zum Beispiel die Unterhaltung von drei gut trainierten Kerlen von heißen Weibern auf Backrezepte zu lenken ohne dass es irgendjemanden auffällt.
Mein Zusammenbruch kam dann doch.
Rückblickend war es nur eine Frage der Zeit.
Ich hatte mir Mühe gegeben und hatte länger ohne Hilfe ausgehalten als die meisten Anderen.
Es kam nicht wie ich es erwartet hatte.
Eigentlich wäre es logisch gewesen wenn ich in irgendeiner Bar oder im Bus zusammengebrochen wäre.
Umgeben von vielen Menschen und überwältigt von all ihren Gesprächen und Gedanken.
Aber es war ein Gespräch mit einer Kollegin was mir den Rest gab.
Ich mochte sie und hatte versucht mit ihr ein paar mal auszugehen.
Eigentlich keine große Sache.
Wir unterhielten uns gerade über die bevorstehende Woche, als sie lächelte.
Ich fing panisch an zu lachen.
Warum es gerade dieser Moment war kann ich mir nicht genau erklären.
Vielleicht erinnerte mich ihr Lächeln an etwas was ich schon längst vergessen hatte.
Ich wachte in einem Krankenhaus auf.
Neben mir saß eine Beamtin der zuständigen Behörde für Begabtenförderung.
Sie erklärte mir im ruhigen Ton, dass es ich eine Rückkopplung erlebt hatte die sich mit einer Schnittstelle verbunden hatte.
Wir hatten ein langes intensives Gespräch.
Als ich ihr schilderte wie ich in den vergangenen Monaten vorgegangen war gratulierte sie mir zu meiner Selbstdisziplin.
Gleichzeitig erklärte sie mir, dass ich nun automatisch bei ihrer Behörde registriert war und mich bei einer der zuständigen Organisationen für ein Basis- Training zu melden hatte.
Sollte ich das nicht tun, wäre ich eine Gefahr für das Allgemeinwohl und würde unter Arrest stehen.
Sie reichte mir eine Liste mit den Organisationen und ich kreuzte die allererste darauf an.
Es war eine staatliche und die Beamte beglückwünschte mich zu meiner Wahl.
Aufmunternd meinte sie zum Abschied, dass ich mit meinem Talent bestimmt die Möglichkeit auf eine Karriere haben würde.
Danach ging ich zu meinen Eltern und erzählte ihnen alles.
Sie schauten mich lange und ernst an und meinten schließlich dass es eins von ihren Kinder treffen musste.
Sie versteckten ihren Stolz mit Mühe, aber es waren meine Eltern und mir war klar, dass ich etwas wurde was sie wollten und ich nicht.


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