Freitag, 21. Januar 2011

Launing Kapitel 2/4

„Das hier ist ein Dorf, keine Kleinstadt, ein gottverdammtes Dorf. Die Jugend hier ist eine Dorfjugend. Schau sie dir doch an, diese kleinen Jungs mit ihren Käppis die einen auf Gangster machen. Jeder kennt hier jeden, es ist der reinste Inzest. Wenn du mir nicht glaubst, dann warte bis du deinen zweiten Freund hast und merkst wie der mit deinem ersten in Verbindung steht, oder noch schlimmer mit Maxi. Mach dich hier bloß vom Acker wenn du mit der Schule fertig bist. Sonst versauerst du hier noch als die Friseuse vom Dienst.“
Es war lustig gewesen Paul von der Jugend reden zu hören obwohl er selbst noch keinen richtigen Bartwuchs hatte, worauf man ihn gut ansprechen konnte wenn man ihn ärgern wollte.
Lydia kam mit zwei Flaschen Bier zurück. Warum trank sie überhaupt diese verdorbene Suppe? Weil es alle taten, weil es dazu gehörte. Bei der nächsten Familienfeier würde sie sich hartnäckig an süßen Wein halten. Entgegen den Prophezeiungen ihrer Verwandten bekam sie davon keine Kopfschmerzen und es schmeckte ihr um einiges besser als dieses ganze saure und bittere. Ihr Onkel, der Koch, beharrte jedoch auf der Meinung dass sich das ändern würde, da die Geschmacksknospen mit zunehmendem Alter immer mehr abstumpften und nur diejenigen für den bitteren Geschmack am hartnäckigsten waren. Ob das stimmte war eine Frage für sich, aber Gefallen fand sie daran nicht wirklich.
Beim Bier hielt sie sich an den Ratschlag ihres Großvaters, langsam ansetzen, langsam absetzen, sonst hatte man die Brühe im Gesicht und auf den Sachen. Gleichzeitig war es eine Kontrolle den Alkohol nicht zu schnell hinter zu kippen und nicht besoffen zu werden. Es kam halt auf die richtige Erziehung an, auch wenn ihre Eltern nicht gerade darüber begeistert waren, dass ihre Eltern den Enkelkindern Tipps in Sachen Alkohol gaben.
Gerade als sie sich mit Lydia, die nichts dagegen hatte Didi genannt zu werden, darüber unterhielt wie affig doch der eine typ aussah, kam Roberta wieder angebraust und stellte sich offensiv mit dem Rücken zu der Menge.
Es war nicht mehr zum aushalten. Fünf Jahre waren genug. Sie tauschte mit Didi kurz Blicke aus und fing an der unglücklich Verliebten klaren Wein einzuschenken: „So Berta, du gehst jetzt zu ihm, lächelst ihn an und dann sagst du: „Hey ich habe mein Geld zu Hause vergessen, gibst du mir ein Bier aus?“ Wenn er das macht sprichst du ihn auf seinen Scheiß mit der Eisenbahn an. Klar?“
Vollkommen verdattert starrte sie die Angesprochene an.
„Und wenn du das jetzt nicht durchziehst, hör auf uns die Ohren voll zu heulen“, schob Lydia hinterher.
Als sei sie eine mechanische Puppe drehte sich Roberta um und begab sich in die Richtung ihres Herzblattes. Damit war der Seifenopernabschnitt erst einmal erledigt und die verbliebenen zwei prosteten sich zu um sich dann zu einer freien Couch zu begeben. Das hielt nicht lange an, denn Didi war zum tanzen hier, sie selber blieb lieber noch sitzen und betrachtete etwas genüsslich das ganze Theater, das sich hier abspielte.
Irgendwann fiel ihr der Typ auf der in ihre Richtung starrte. Das hatte gerade noch gefehlt.
Schlecht sah er nicht aus. Gesehen hatte sie ihn noch nie, wahrscheinlich kam er von irgendeinem abgelegenen Nachbardorf. Er war auch ungefähr in ihrem Alter, was definitiv angenehmer war als irgendjemand, der älter als ihr großer Bruder war.
Ohne sich mit irgendwelchen Höflichkeiten aufzuhalten setzte er sich neben ihr, hielt dabei einen angemessenen Körperabstand, der es ihm aber trotzdem erlaubte sich lässig in ihre Richtung zu lehnen und fing an über die Leute auf der Tanzfläche herzuziehen.
Diese Kombination aus Unverfrorenheit und einem Humor der den ihrem gleichkam ließ sofort Sympathie für diesen unbekannten Spinner entstehen.
Schließlich sagte er, „Das ist aber ziemlich laut und verraucht hier, wollen wir nicht lieber an die frische Luft gehen?“
Er strahlte eine seltene Aufmerksamkeit aus, die sie regelrecht verzauberte. Etwas Fremdartiges hatte sich in ihrem Gesicht eingenistet. Sie hatte so etwas schon bei anderen Mädels gesehen, es war ein Lächeln, das sie sonst als albern mädchenhaft  bezeichnen würde.
Ohne weitere Anstalten zu machen ging sie mit ihm auf den Hinterhof. Als sich die Tür hinter ihr mit einem mechanischen Klacken schloss griff er ihre Hand und zog sie an sich. Warm und willkommen berührten sich ihre Körper.

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Launing
die Geschichte einer Verwandlung

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