Samstag, 15. Januar 2011

Interview Tanzen

 
Ewa und Quang geben zusammen Tanzkurse in der Musik und Tanzschule Mona Liese am Mandrellaplatz.
Das war ja wohl das verpeilteste Interview was ich je geführt habe. Nachdem ich mir extra neue Batterien am Reisepoint gekauft hatte , gaben alle vier nacheinander den Geist auf.

D.H.: Wie seid ihr zum Tanzen gekommen.
Ewa: Als ich klein war, war ich ein richtiges kleines Mädchen, ich wollte ein Tütü tragen und Ballerina werden. Deswegen habe ich angefangen Ballet zu tanzen, das habe ich dann fünf bis sechs Jahre gemacht und habe dann gemerkt, dass ist doch nicht mein Ding. Dann habe ich ein paar Kurse gemacht, unteranderem auch Jazz- Dance, durch Zufall bin ich dann in einen Tanzclub gegangen und habe dann mit Latein angefangen.
Quang: Ich hatte vorher mit Tanzen überhaupt nichts am Hut, weder mit Ballet, noch mit Street- Dance, bis ein Freund von mir mich in einen Tanzclub geschleppt hat und da wurde Lateinamerikanisch getanzt. Zu der Zeit war Ewa auch schon dort, und ich kannte sie von der Schule. Da haben wir dann das Gruppentraining mitgemacht und das hat mir dann gefallen und so bin ich dann nach und nach zum Turniertanzen gekommen. Ich habe vorher auch kein Sport gemacht, das Tanzen war das erste, was mir gefallen hat und wo ich auch ganz gut drin war.
D.H.: Ihr habt ja schon ein paar Titel gewonnen. Was für Titel sind das und wie baut sich das Turniertanzen auf.
Q.: Es gibt beim Tanzen verschiedene Ligen...
E.:... ähnlich wie beim Fußball.
Q.: Und beim Tanzen heißt es D, C, B, A, S.
E.: S- Klasse ist wie beim Auto, das Beste.
Q.: Und in der D und in der C Klasse in Berlin, also für die beiden Anfänger- Klassen, war ich dann Berliner Meister. In der B- Klasse war ich dann nicht mehr so erfolgreich, weil der Druck steigt und man halt mehr trainieren muss. In der A- Klasse habe ich dann aufgehört. Ich hatte nicht mehr so viel Motivation und habe keinen Sinn mehr darin gesehen. Klar, wenn man erfolgreich ist, dann macht es auch Spaß. Aber nach dem ganzen trainieren, bekomme ich dann einen Pokal, den stelle ich dan in ein Regal, da verstaubt er und das war es.
Tanzen kann ich ja immer noch, das ist nicht gestorben, nur Turniere muss ich nicht mehr machen.
E.: Bei mir war es ähnlich. Ich hab Berliner Meisterschaften gewonnen, eher in den unteren Klassen. Dann bin ich in die B- Klasse gekommen, habe da so gut wie kein Turnier getanzt. Dadurch das mein Partner besser war, bin ich gleich in die A- Klasse gekommen, da habe ich dann auch nicht so viele Turniere getanzt, weil das mit dem Partner nicht so gut geklappt hat. Momentan bin ich noch auf Partnersuche.
D.H.: Wie seid ihr Tanzlehrer geworden?
E.: Das war eher Zufall. Die Leiterin dieser Tanzschule ist früher Musiklehrerin bei uns an der Schule gewesen. Dann gab es noch einen Lehrer, der hat immer eine Tanz AG gemacht. Sie hat dann eine Musik- und Tanzschule gegründet und er hat sich dann mit dem Tanzen beschäftigt. Ich habe hier als seine Assistentin angefangen. Dadurch habe ich immer mehr Erfahrung gesammelt und bin dadurch auch Tanzlehrerin geworden.
Q.: Bei mir war es ähnlich, wir waren ja auf der selben Schule. Die Leiterin war damals unsere Lehrerin und wusste dass wir tanzen. Ich bin nicht von Anfang an dabei, sie hatte mich zwar schon vorher gefragt, nur hatte ich da noch kein Interesse.
D.H.: Quang, du hast mir mal was von Oberflächlichkeit und Bräunungscreme im Tanzsport erzählt.
Q.: In dem Sport geht ja um Ästhetik, also machen die sich schon ein bisschen her. Aber ich habe ja mehr über die Leute geredet. Man lernt sich auf den Turnieren halt nicht richtig kennen und manchmal kommen einem die Leute falsch vor. Aber ich denke das ist in jedem Sport so, dass viel geredet wird und es Klatsch und Tratsch gibt. Das ist mir halt negativ aufgefallen und ich habe mit vielen Leuten aus diesem Sport nichts zu tun gehabt.
E.: Man kann auch sagen, dass viele dieser Tanzclubs nicht wirklich verfeindet sind, sondern eher aufeinander schlecht zu sprechen sind. Erst recht auf einzelne Personen, die den Club gewechselt hat. Die Wertungsrichter gehören zu einzelnen Club's und wenn da einer den anderen nicht leiden kann, dann kann er ihn halt mit Absicht schlecht bewerten.
Q.: Die Wertungsrichter sind selber Trainer in anderen Tanzclubs. Es herrscht da also eine eigene Politik mit Beziehungen und Sympathien. Ih glaube das wird erst richtig krass in den höheren Rängen. In den niedrigeren spielt das noch nicht so eine Rolle.
D.H.: Seid ihr von Tanzfilmen abhängig?
E.:Wenn man ein bisschen Ahnung hat und sich solche Filme anguckt, dann ist man nicht so verzaubert wie jemand der nicht so viel Ahnung hat. Man sieht dann halt viele Fehler und dass etwas eingebaut wurde, weil es optisch gut aussieht und technisch nicht wirklich richtig. „Dirty Dancing“ kann ich mir trotzdem immer wieder angucken.
Q.: Ich gucke alle möglichen Filme gerne , mit Tanzfilmen habe ich überhaupt nichts am Hut, weil die Story meistens sehr dünn ist. Einer ist aus gutem Hause, der andere nicht. Der eine kann gut tanzen, der andere nicht. Das ist immer das gleiche, finde ich nicht spannend.
D.H.: Ich meinte jetzt eher ob durch Tanzfilme, Leute zu euch kommen um tanzen zu lernen.
E: Wir hatten mal ein Pärchen, das den Film „Darf ich bitten“ gesehen hat. Oder viele antworten auf die Frage „Habt ihr irgendwelche Wünsche?“ mit Salsa und Mambo, auf der Grundlage der Filme die sie gesehen haben. Und durch solche Sendungen wie „Let's Dance“ wird das Tanzen immer populärer.
Q.: Die Generation heute ist ja ein bisschen anders als früher. Da gibt es viele Videos im Internet oder halt bei MTV. Und ich habe schon von vielen Jugendlichen gehört: „Oh, der Usher tanzt so toll.“ Also gehen die dann in einen Hip- Hop Kurs von irgendeiner Tanzschule. Besser als zuhause rumsitzen.
D.H.: Wie alt sind eure Schüler?
Q.: Man kann wirklich sagen von jung bis alt ist alles dabei.
E.: Wir haben jetzt sogar einen Senioren- Kurs. Der ist ganz toll.
Q.: Ich habe zur Zeit die jüngsten und die Jüngste ist jetzt 11 geworden, aber ich hatte auch mal einen Achtjährigen. Kinder zu unterrichten macht mir wirklich Spaß. Nicht die, die gerade in die Pubertät kommen oder gerade darin sind, die sind immer sehr vorlaut und anstrengend.
D.H.: Gibt es bei den Jugendlichen manchmal Berührungsängste?
E.: Wir machen sowieso mehr Lateintänze wo man nicht so aneinader klebt. Bei den Erwachsenen können wir eher sagen jetzt mal ein bisschen enger aneinander bei den Standardtänzen, weil da öfter Pärchen kommen. Bei den Jugendlichen machen wir mehr die Schritte als die Haltung und das eng tanzen...
Q.: ... weil sie sich da halt ein bisschen zieren. Generell kann man sagen, dass die Jugendlichen offener zum anderen Geschlecht werden.
D.H.: Wie harmonieren denn Männer und Frauen generell beim Tanzen?
E.: Frauen gehen zum Tanzen weil sie es vielleicht gesehen haben und sich auch so bewegen wollen und Spass drann haben. Viele Männer, ich sage nicht alle, aber viele gehen ihrer Frau zuliebe zum Tanzen und haben da vielleicht Vorurteile im Kopf, wie „Tanzen ist schwul“ und sind da nicht so aufgeschlossen wie die Frauen, die vielleicht schon einmal in ihrer Jugend getanzt haben.
Q.: Es gibt Männer die zu Anfang skeptisch sind, aber wenn sie dann selber einen Kurs besuchen, finden sie immer mehr Spass daran.
D.H.: Es gibt ja beim Tanzen die klassische Aufteilung, dass der Mann führt und die Frau ihm sozusagen untergeordnet ist. Wie leicht können sich eure Schüler darauf einstellen.
E.: Darüber könnte man eine Diplomarbeit schreiben. Ich finde das immer wieder spannend. Meist ist es so, dass die Frau führt, weil sie mehr Erfahrung im Tanzen hat und der Mann zu sehr mit seinen Schritten beschäftigt ist. Wir machen auch Übungen zu Führungen und dann merkt mann, dass die Frauen richtig glücklich sind, wenn die Männer sie richtig führen.
Q.: Man unterstützt sich ja gegenseitig. Der Herr gibt sozusagen die Impulse, wann genau etwas passiert. Es kann halt immer nur eine Person führen. Wenn beide führen, kommt man nicht voran und mann hatt das halt auf die Geschlechter aufgeteilt und nicht nach der Körpergröße.
D.H.:Wie toll sind Modetänze wie z.B. Macarena für euch?
E.: Kann man einmal in der Tanzstunde machen wenn es passt, aber sonst nicht.
Q.: Ist halt nicht sehr anspruchsvoll. Ist halt gemacht für die Massen, dass die den Song anlassen und mittanzen. Genauso wie bei Fernsehaerobic. Aber so etwas würden wir hier nicht so gerne unterrichten. Genau genommen sind das auch keine richtigen Tänze, sondern irgendwelche Folgen die sich ein Choreograph ausgedacht hat.
E.: Wir haben Macarena einmal im Kinderkurs angemacht, aber ich würde das auch nicht stundenweise machen. Aber zum Beispiel, der beliebteste Tanz in Deutschland ist zur Zeit Disco- Fox und den machen wir auch, weil der eigentlich zu fast jeder Musik passt und so auf vielen Feiern zu tanzen ist.
D.H.: Wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen Standardtänzen und Latein?
E.: Es gibt die fünf Standardtänze, das sind langsamer Walzer, schneller Walzer, Tango, Slow Fox und Quick Step. Die werden in geschlossener Haltung mit enger Körperhaltung und relativ steif getanzt. Oben bewegt man sich kaum und unten machen die Beine sehr viel. Lateintänze sind eher verspielter und in offener Haltung.
Q.: Standard ist da, wo der Herr bei Turnier und Ballveranstaltungen so einen Frack trägt, der über tausend Euro kostet. Die trägt man bei den Turniertänzen ab der A oder S Klasse und soweit sind wir beide nicht gekommen. Wir beide können zwar Standardtänze, sind aber in den Lateintänzen besser.
D.H.: Habt ihr eine ungefähre Ahnung wie sich die Tänze entwickelt haben?
E.: Vieles kommt aus Lateinamerika. Vom Samba sagt man, dass er seinen Ursprung in Afrika hat. Also Volkstänze die rübergeschwappt sind.
D.H.: Konntet ihr schon einmal das Tanzverhalten der Deutschen mit anderen vergleichen?
E.: Wir haben bis jetzt nur in Deutschland unterrichtet. Aber bei einer Reise nach Kuba habe ich gemerkt, dass fast jeder ein paar Grunschritte konnten, ohne in die Tanzschule zu gehen.
Q.: In Tanzcafé's in anderen Ländern, z.B. Italien, da fordern sich auch mal fremde Personen zum tanzen auf, das kann ich mir hier in Deutschland nicht so vorstellen.
D.H.: Wie geht ihr privat tanzen?
E.: Also ich gehe sehr selten tanzen, weil ich die typischen Discos nicht so gerne mag. Es ist total eng und verraucht und irgendwie finde ich dass man da nicht so tanzen kann um des Tanzens wegen. Da gefallen mir schon eher Klubs wie meinetwegen das Havanna, wo man ein bisschen Salsa tanzen kann.
Q.: Ich gehe schon gerne in die Disco, aber auch nicht so oft, weil meine Freunde nicht solche Discogänger sind. Ich finde schon dass man da ordentlich tanzen kann. Ich würde abert nie als vollkommen korrekter Tänzer mit Grundschritt dort auftreten. Es gibt schon Leute, die ordentlich posen, aber dazu gehöre ich nicht.
D.H.: Danke für das Gespräch.

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