Freitag, 12. April 2013

Im Ring des Grauens: Ruhe bewahren

Der Schock des fehl geleiten Sprungs saß uns noch in den Gliedern.
Und im schwarzen Nichts zwischen den sich ewig drehenden Asteroiden regte sich etwas.
Etwas langes, mit glitzernden Zähnen, strahlenden Augen.
Lange, dicke, lebendige Linien ringelten sich dort wo kein bekanntes Lebewesen überleben konnte.
Und als ob das nicht genug wäre, gaben sich mein Oberarzt und meine Chefingenieurin über den öffentlichen Kommunikationskanal einen Schlagabtausch.
„Wenn ihr beiden euch wieder vertragen habt, seid doch so gut und kümmert euch um Schiff und Mannschaft.“
Ich wettete mit mir selber, dass die beiden ganze fünf Minuten aufhören würden sich zu beharken.
Immer wieder kniff ich die Augen zusammen, um sie dann wieder aufzureißen.
Ella hatte ihren Kopf auf ihren gefalteten Händen abgestützt und das Kreuz durchgestreckt.
Ihr sonst so zierlicher Körper wirkte durch die Anspannung aller Muskeln auf einmal stämmig und bereit zum Kampf.
Durch unsere Brücke waberte der Rauch unserer Zigaretten.
Es war nicht klug gerade jetzt zu rauchen.
Unsere Sauerstofftanks waren natürlich gut gefüllt und die Wiederaufbereitungsanlagen waren voll funktionsfähig.
Aber wir waren viel zu weit ab vom Schuss.
Das nächste bekannte System konnte wer weiß wo sein.
„Klugscheißen kann ich alleine und besser als du!“
Sonja musste mal wieder das letzte Wort haben.
Und das waren keine fünf Minuten gewesen.
Garfield hatte sowohl mich als auch Ella im Blick.
Er war der zweite Offizier auf der Brücke.
Unsere Position war unklar.
Der Zustand des Schiffes war seit Jahren kritisch.
Vor unseren Fenstern konnten wir Lebewesen beobachten, deren Existenz allem widersprach, was wir von Astronomie, Biologie und Physik zu wissen glaubten.
Durch die heiße Luft in unserem Raum schnitt sich eine kalte Sachlichkeit.
Koordinaten, Sensoren, Hülle, Schäden, Luftdruck, Energie, Fehlermeldungen, Strahlenbelastung, Koordinierungspunkte, Verluste, Stellung.
Wie ist der Status?
Kontrolliere die Daten.
Halt das Schiff um jeden Preis.
Wir alle hatten die Kontrolle zu behalten.
Ich hatte die Kontrolle zu behalten.
„Entschuldige bitte, mir war einfach langweilig.“
Thomas war keinen Deut besser.
Aber Thomas konnte man auch nicht kritisieren.
Immerhin hatte er seinen zweiten Arm im Krieg gegen die Kublo verloren.
Ganz zu schweigen davon, dass er eine ganze Gruppe von Chrisajokubljamoaxdastedo auf Dux gegen ihren Willen gerettet hat.
Aber auch er hatte mit Sicherheit seinen zweiten medizinischen Offizier im Nacken, der jedem seiner Schritte folgt und ihn dabei beobachtet und einschätzt.
Es gibt genügend leitende Offiziere die ihre Nerven verlieren und ihre Untergebenen in das Verderben reißen.
Thomas hatte damals seinem leitenden Offizier in einer Messerstecherei das Kommando entnommen.
Beide hatten sich gegenseitig ihre Kleider vom Leib gerissen.
Der leitende Offizier schrie immer wieder „Das Holz wird ein Sofa!“
Zu diesem Zeitpunkt war Thomas gerade mal Unteroffizier.
Egal was für Abenteuer und Errungenschaften es vorzuweisen gibt, es kann dich jederzeit erwischen.
Vor unserem Bug regte sich etwas zwischen den Steinen im All.
„Was zur Gott verdammten Hölle ist da zwischen den Asteroiden? Bin ich der einzige der das sieht? Sind das Dinger mit Diamanten?“
Eiskalt bahnte sich links von mir die Stimme von Ella ihre Bahn durch die Kanzel.
Mühsam unterdrückte ich das Verlangen lauthals auszuatmen und mich mit breiten Beinen in meinen Sitz zurück zu werfen.
Ich hatte noch meinen Verstand.
Da war was da draußen.
Zwischen den Steinen im Nichts.

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